Chip-Produktion:Weltpolitik im Nanometer-Bereich

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Ein sogenannter Wafer N450, aus dem Intels 'Atom'-Prozessoren entstehen. (Foto: picture alliance / dpa)

Das Pentagon will die Produktion von Computer-Chips aus dem chinesischen Einflussbereich herausholen. Der US-Hersteller Intel bringt sich schon mal in Stellung.

Von Helmut Martin-Jung, München

Chips stecken heute in einer Vielzahl von Produkten aus aller Welt, vom Funk-Ohrhörer bis zum Auto. Aber geht es darum, wo sie produziert werden, ist die Welt ziemlich klein. Bei den am höchsten entwickelten Chips gibt es sogar nur zwei Hersteller, die den dafür nötigen immensen Aufwand betreiben: Samsung aus Südkorea und TSMC aus Taiwan. Das hat im US-Verteidigungsministerium nun offenbar Pläne befördert, diese auch für die nationale Sicherheit wichtigen Produktionskapazitäten wieder im eigenen Land aufzubauen, wie das Wall Street Journal berichtet. Der Chiphersteller Intel hat bereits sein Interesse signalisiert, ist aber nicht der einzige mögliche Partner.

Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat Befürchtungen im Pentagon wieder bestärkt, dass die Abhängigkeit von Herstellern aus Asien zu groß sei. Das hat der US-Chiphersteller Intel gerne aufgegriffen. In einem Brief Intels ans Pentagon, aus dem das Wall Street Journal zitiert, heißt es, es sei "im besten Interesse der USA und von Intel, zu sondieren, wie Intel eine kommerzielle Chipfabrik in den USA betreiben könnte, um ein breites Sortiment an Mikroelektronik zur Verfügung zu stellen".

Im US-Verteidigungsministerium macht man sich vor allem Sorgen um die Abhängigkeit von Taiwan. Von dort beziehen die großen Anbieter von AMD über Apple bis zu Nvidia und Qualcomm die meisten ihrer Chips. Unbegründet ist diese Sorge keineswegs. Schließlich betrachtet China die Insel vor seiner Küste als sein Territorium, aber auch eine Naturkatastrophe wäre verheerend für die Hightech-Branche. Und dann ist da noch der militärische Bereich, der zunehmend auf leistungsfähige und energiesparende moderne Chips angewiesen ist.

Um das zu erreichen, braucht es vor allem Chips mit sehr feinen Strukturen. Längst ist man dabei in den Nanometer-Bereich vorgedrungen. Bei den avanciertesten Chips sind die Halbleiterstrukturen bloß noch einige Nanometer breit. Zum Vergleich: Der Durchmesser eines menschlichen Haares beträgt durchschnittlich 10 000 Nanometer. Globalfoundries, der zweitgrößte Chiphersteller der Welt, der auch ein Werk in Dresden betreibt, hat sich explizit aus diesem Rennen verabschiedet, wegen des hohen Aufwandes. Eine Fab, wie Produktionsstätten für Chips im Jargon genannt werden, für solche Chips aufzubauen, kostet zweistellige Milliardensummen, auch der Herstellungsprozess ist sehr diffizil.

Gäbe es aber Unterstützung, etwa aus dem Verteidigungshaushalt, sähe die Sache schon anders aus. Intel ist dabei nicht die einzige Firma, mit der die US-Regierung spricht. TSMC etwa möchte bekanntermaßen eine weitere Fabrik außerhalb Taiwans bauen, die USA sind dabei ein möglicher Standort. Auch mit Samsung gibt es offenbar Gespräche. Der Konzern aus Südkorea betreibt bereits eine Fabrik in den Staaten.

Die Produktion von avancierten Chips lässt sich aber nicht von heute auf morgen aufbauen. Nicht nur fehlt es an Lieferketten, die sich nur schwer aus dem Nichts erschaffen lassen. Auch die Spezialisten, die den schwierigen Herstellungsprozess beherrschen, gibt es nicht im Überfluss. Außerdem gilt, dass der technische Vorsprung immer nur einige Jahre vorhält, dann sind wieder neue Investitionen in die Herstellung nötig. Das Weiße Haus ist der Sache trotz all dieser Widrigkeiten zugetan, böte die Chip-Initiative doch eine gute Gelegenheit, die bisher äußerst schwache Bilanz beim Versuch, abgewanderte Produktion wieder ins Land zu holen, etwas aufzubessern - das war ja eines der Hauptversprechen von Präsident Donald Trump. Dann müsste der auch nicht mehr die Fabrik eines Apple-Zulieferers in Texas, die es längst gibt, zu einer großen neuen Apple-Produktionsstätte erklären.

© SZ vom 12.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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