Vor IAA:VDA-Chefin: Deutschland kann Zukunft als Auto-Standort verlieren

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Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie. (Foto: Swen Pförtner/dpa)

Hildegard Müller, die Frontfrau der Autobranche, kritisiert vor Beginn der IAA eine Überregulierung in Deutschland, pocht auf schnellere Digitalisierung und fordert einen Industriestrompreis.

Selbst die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, schließt nicht aus, dass Deutschland als Branchenstandort auf der Strecke bleiben könnte. Zwar würden die deutschen Hersteller den Wettlauf um die Zukunft nicht verlieren, "der deutsche Standort ohne massive Reformen schon", sagte Müller. Sie beklagte vor Beginn der Automesse IAA unter anderem Überregulierung, zu langsame politische Entscheidungen und fehlende Rechtsrahmen bei Zukunftsthemen wie künstliche Intelligenz.

Ein Beispiel sei die Nutzung von Daten: "Wenn wir das hier in Europa, in Deutschland beschränken, dann heißt das nicht, dass das irgendwo auf der Welt nicht passiert." Und es bedeute auch nicht, dass deutsche Hersteller nicht anderswo in dem Bereich aktiv seien. "Die Frage ist, schaffen wir hier einen politischen, einen regulatorischen Rahmen, so dass wir wettbewerbsfähig sind und international vorangehen können."

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Der Hauptpunkt aber sei, "dass der Standort in Deutschland seine internationale Wettbewerbsfähigkeit aufgrund der Kostenstruktur dramatisch verliert", warnte Müller. So habe man hier die höchsten Energiekosten. Die Autobranche halte einen zeitlich befristeten Industriestrompreis für nötig. Damit solle verhindert werden, dass wichtige Industrien wie Batterie- oder Halbleitertechnik abwandern oder sich gar nicht erst ansiedeln. Von mittelständischen Zulieferern heiße es: "Das Thema Energiepreise wird gerade toxisch für uns." Investitionen würden hierzulande nicht mehr erhöht, "sondern sie gehen ins europäische Ausland oder in die USA".

Die Autoindustrie erlebe zudem gerade Zeitverluste und Komplexitäten, da die Verwaltung in Deutschland nicht digitalisiert sei, kritisierte Müller. "Natürlich gibt es keine einfachen Lösungen bei KI, bei Chat-GPT - aber sie sind im Kommen, die müssen wir jetzt gestalten. Wir können nicht sagen, wir warten jetzt mal Jahre", mahnte sie. "In der Zeit ziehen andere Weltregionen, die ja sowieso in vielerlei Hinsicht gerade bessere Standortbedingungen haben als wir, an uns vorbei."

Die Industrie müsse jetzt investieren und wolle in den kommenden fünf Jahren 250 Milliarden Euro unter anderem in Digitalisierung stecken. "Wir können und werden nicht warten als Branche, weil wir sonst die Klimaziele nicht erreichen", betonte Müller. "Wir entscheiden jetzt, wo wir in die Zukunftstechnologien investieren - und deswegen muss auch der Staat in seiner Geschwindigkeit bei diesen Themen zulegen."

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