Hypo Group Alpe Adria:"Schlimmste Schmach seit Cordoba"

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Die Hypo Group Alpe Adria braucht dringend Geld. Doch niemand will der Bank beistehen. Bleibt nun alles am bayerischen Steuerzahler hängen?

Klaus Ott

Bunte Heißluftballons, die in den blauen Himmel steigen - auf den Werbevideos der Hypo Alpe Adria geht es stetig nach oben. "Geben Sie Ihren Träumen eine Chance", lautet die Botschaft, mit der die österreichische Bank aus Klagenfurt nahe dem Wörthersee neue Kunden anlocken will. Schöne Träume haben auch Bayerns früherer Regierungschef Edmund Stoiber und seine Minister gehabt, als sie vor zweieinhalb Jahren die Übernahme der Finanzgruppe aus Kärnten durch die Landesbank guthießen oder gar betrieben. Mit den Filialen und Kunden der Hypo Alpe Adria von Italien bis tief hinab in den Balkan wollte die Staatsregierung ihre Sparkassen-Zentralbank BayernLB zu einem Geldinstitut von internationaler Bedeutung formen. Zu einem Finanzkonzern, der in der ersten Liga mitspielt, der Champions League, von der Stoiber so gerne redete.

Die Hypo Group Alpe Adria macht dem bayerischen Steuerzahler Probleme. (Foto: Foto: AP)

Stoibers Erbe

Doch für Ministerpräsident Horst Seehofer und die CSU wird Stoibers Erbe mehr und mehr zu einem Albtraum. Er habe "Bauchschmerzen", sagt Seehofer, und vielleicht werden seine Leiden bald noch viel schlimmer. Die Hypo Alpe Adria erweist sich als Milliardenrisiko statt als Glücksfall. Der vor etwas mehr als einem Jahr bei einem Autounfall ums Leben gekommene Kärtner Landeshauptmann und Rechtspopulist Jörg Haider hatte die Bank einst fest im Griff gehabt und für allerlei Geschäfte zum Wohle des Bundeslandes im Süden Österreichs genutzt. Und bei der Expansion auf den Balkan hatte die Finanzgruppe aus Klagenfurt offenbar keine Risiken gescheut. In den Büchern der Hypo Alpe Adria stehen viele faule Kredite aus Kroatien und anderen Ländern, die laut Prüfberichten leichtfertig gewährt worden waren. Und für die nun die BayernLB haftet.

Mehr als fünf Milliarden Euro haben der Freistaat und die Landesbank bereits für die Kärntner Finanzgruppe ausgegeben oder in sie hineingepumpt, und das reicht immer noch nicht (siehe Grafik). Um den drohenden Ruin der Tochterbank abzuwenden, sind weitere 1,5 Milliarden nötig, und zwar schnell. Am 10. Dezember treffen sich die Emissäre der Landesbank und ihrer Partner bei der Hypo Alpe Adria. Doch die beiden österreichischen Mitgesellschafter, das Land Kärnten und der Versicherer Grazer Wechselseitige (Grawe), haben selbst kein Geld mehr oder wollen nichts beisteuern. Und die Regierung in Wien mag auch nicht helfen. Bleibt also alles an Bayern hängen? Muss der Freistaat, der die Landesbank vor einem Jahr mit zehn Milliarden Euro gerettet hat, noch mehr Geld ausgeben, damit Hypo Alpe Adria nicht pleite geht? Sind Bayerns Bürger am Ende diejenigen, die zahlen; und die das irgendwann zu spüren bekommen, weil dem Freistaat Geld für Bildung, Soziales oder Umweltschutz fehlen?

Die Skandale der Landesbank haben die CSU ohnehin schon viel Kredit bei den Wählern gekostet. Die Regierungspartei ist besorgt und nervös, ihre Landtagsabgeordneten haben jetzt sogar einem Antrag der Grünen zugestimmt. Seehofer und Finanzminister Georg Fahrenschon müssen dem Parlament alle Risiken aus dem Engagement bei der Hypo Alpe Adria auflisten, einschließlich der Folgen einer möglichen Pleite. Es dürften "keine weiteren Steuergelder" nach Österreich fließen, verlangt die SPD-Abgeordnete Inge Aures. Es wäre "völlig verantwortungslos, ohne irgendwelche Sicherheiten" weitere Milliardenhilfen in die Balkan-Bank zu stecken, sagt Eike Hallitzy von den Grünen. Die Opposition will auch wissen, wie es zu diesem Desaster kommen konnte.

Die Hypo Alpe Adria war schließlich als Skandalbank bekannt gewesen, als die Regierung Stoiber 2007 zugegriffen hatte. Im Jahr zuvor war der damalige Vorstandschef Wolfgang Kulterer in den Aufsichtsrat weggelobt worden, weil das Institut versucht hatte, Spekulationsverluste in Höhe von 328 Millionen Euro zu vertuschen. Kulterer erzählte später in einem Banken-Untersuchungsausschuss des österreichischen Parlaments, damals habe "niemand an die Hypo Alpe Adria geglaubt", als diese dringend Geldgeber brauchte. "Niemand hat mitgeboten, auch nicht die österreichischen Banken."Bis dann plötzlich erst eine private Investorengruppe und schließlich die bayerische Landesbank ins Spiel kamen. Die BayernLB stieg ein, und die Investorengruppe mit viel Gewinn gleich wieder aus.

"Kärnten wird reich"

Die damaligen Minister Günther Beckstein (Inneres) und Kurt Faltlhauser (Finanzen) hatten im Mai 2007 in München persönlich mit dem Kärntner Landeshauptmann Haider über den Kauf der Hypo Alpe Adria verhandelt. Dass Haider für die Kärnter Bank "keine gesetzliche Vertretungsmacht" hatte, wie der dortige Landesrechnungshof inzwischen rügte, tat nichts zur Sache. Wenige Tage später wurde das Geschäfte besiegelt. "Kärnten wird reich", jubelte Haider. Heute spottet Österreichs Presse, mit dem Geld aus Bayern erkaufe sich die von Haider geschaffene Regierungspartei BZÖ Popularität bei den Bürgern. So erhalten Jugendliche vom Land tausend Euro auf die Hand, etwa für den Führerschein.

Die Hypo Alpe Adria war und ist für viele Prestigeprojekte gut. Die Bank sponsert das für die Fußball-EM gebaute Stadion in Klagenfurt, sie investierte 120 Millionen Euro in das durch Film und Fernsehen bekannte "Schlosshotel am Wörthersee", sie leistete sich den Golfplatz Schloss Finkenstein. Nun ist kein Geld mehr da, und Seehofer bittet sogar Kanzlerin Angela Merkel um Hilfe. Die Bundesregierung sei schließlich auch bei anderen Banken eingesprungen, sagt Seehofer. Die Hypo Alpe Adria sei die "schlimmste Schmach seit Cordoba", seit der Niederlage der deutschen Nationalelf gegen Österreich bei der Fußball-WM 1978, höhnt dagegen Bayerns SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher.

Einer der Werbesprüche der Kärntner Bank lautet, "Träume kennen keine Grenzen." Albträume auch nicht.

© SZ vom 28.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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