Handelsstreit:Huawei droht empfindlicher Chip-Engpass

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Das Unternehmen Huawei steht bereits auf einer schwarzen Liste der US-Regierung – nun kommen weitere Sanktionen hinzu. (Foto: Tolga Akmen/AFP)

Für den chinesischen Konzern geht es nach eigenen Angaben ums "Überleben". Auch in Berlin wächst der Druck.

Von Christoph Giesen, Peking, und Georg Mascolo, Berlin

Nachdem die US-Regierung neue Exportbeschränkungen für den chinesischen Netzwerkausrüster und Smartphonehersteller Huawei verkündet hat, meldet sich das Unternehmen zu Wort. Aufsichtsratschef Guo Ping bezeichnete die Sanktionen am Montag bei der Analysten-Konferenz des Konzerns als "willkürlich" und geschäftsschädigend. "Wir werden alles in Bewegung setzen, um Lösungen zu finden." Für Huawei, jenes bislang so selbstbewusst auftretende Unternehmen, gehe es um das "Überleben".

Am Freitag hatte das US-Handelsministerium erklärt, Chiphersteller dürften keine Halbleiter an Huawei liefern, sofern diese auf Software und Technologie aus den Vereinigten Staaten beruhten. Washington wirft dem Konzern Spionage und die Verletzung von Sanktionen vor. Huawei weist dies vehement zurück.

Huawei benötigt die Halbleiter für seine Smartphones und Netzwerke. Durch die neuen Einschränkungen könnte der Konzern den weltgrößten Chiphersteller, TSMC aus Tawian, als Produktionspartner verlieren - mit Konsequenzen für bereits bestehende Huawei-Mobilfunknetze überall auf der Welt. "Diese neue Regel wird sich auf den Ausbau, die Wartung und den kontinuierlichen Betrieb von Netzen im Wert von Hunderten von Milliarden Dollar auswirken, die in mehr als 170 Ländern unsere Technologie nutzen", so Guo.

Washington hat Huawei eine Übergangsfrist von 120 Tagen eingeräumt, um Anpassungen in der Produktion vorzunehmen. Ob das ausreicht, ist fraglich: Bei Chips ist die chinesische Industrie noch immer stark auf den Import aus dem Ausland angewiesen, außerdem dürften fast alle Hersteller ihre Technologie in den Vereinigten Staaten patentiert haben. Im schlimmsten Fall droht Huawei also ein Chip-Engpass.

Bereits im vergangenen Jahr hatte die US-Regierung Huawei auf eine schwarze Liste gesetzt. Das Unternehmen kann deswegen keine neuen Smartphone-Modelle mit vorinstallierten Google-Diensten verkaufen, was den Absatz der Geräte außerhalb des Heimatmarktes bremst. Ein totales Chip-Embargo dürfte Huawei jedoch noch erheblich härter treffen - womöglich auch in Deutschland.

Letztlich muss die Bundesregierung entscheiden, ob sie Huawei vertrauen will - oder eben nicht

In Berlin wächst der Druck, die Frage einer Beteiligung von Huawei am Ausbau des 5G-Netzes endlich zu entscheiden. Nach monatelangen Diskussionen legte das Bundesinnenministerium jetzt den Entwurf eines "Gesetzes zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme" vor. Demnach müssen die Mobilfunkanbieter, die 5G-Technik von Huawei oder aber den europäischen Konkurrenten beziehen wollen, Angaben darüber machen "ob und wie der Hersteller hinreichend sicherstellen kann, dass die kritische Komponente über keine technischen Eigenschaften verfügt, die geeignet sind, missbräuchlich auf die Sicherheit, Integrität, Verfügbarkeit oder Funktionsfähigkeit der kritischen Infrastruktur (etwa Sabotage, Spionage oder Terrorismus) einwirken zu können". Das Innenministerium kann den Einsatz von Produkten untersagen.

Was sich liest wie eine klare Vorgabe, ist allerdings nichts anderes als eine juristische Hülle. Letztlich muss die Bundesregierung entscheiden, ob sie Huawei als Lieferanten vertrauen will - oder eben nicht. Es ist eine Kombination aus einer peniblen technischen Prüfung und einem politischen Veto-Recht. "Über diese gesetzlichen Regelungen wird inzwischen gestritten wie über eine UN-Resolution," sagt eine an den Verhandlungen beteiligte Person. "Aber am Ende werden wir Ja oder Nein sagen müssen."

Sowohl das Lager der Gegner als auch der Befürworter fühlt sich durch die jüngsten Ereignisse bestärkt. Man habe doch leidvoll erfahren, was es bedeute, wenn man bei einfachen Produkten wie Gesichtsmasken von China abhängig sei, argumentiert Norbert Röttgen (CDU), der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses. Umso wichtiger sei, dass dies bei "unserem digitalen Nervensystem" nicht der Fall sei.

Im Bundeskanzleramt und dem Wirtschaftsministerium wird dagegen darauf verwiesen, dass man sich angesichts der katastrophalen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise nicht ausgerechnet jetzt eine große Auseinandersetzung mit China leisten solle. Die Führung in Peking hatte zuletzt unverhohlen damit gedroht, deutsche Firmen abzustrafen, wenn Huawei in Deutschland nicht zum Zuge kommt.

© SZ vom 19.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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