Hilfe für Griechenland:Häppchen zur Fastenzeit

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Athen geht akut das Geld aus - da helfen auch Kredite der in Griechenland verhassten Troika im April nicht. (Foto: Bloomberg)
  • Griechenlands finanzielle Verpflichtungen sind enorm: Allein im März benötigt das Land voraussichtlich zehn Milliarden Euro von den Banken. Doch denen geht das Geld aus, weil viele Griechen ihre Konten geräumt haben.
  • Auch ein verlängertes Programm hilft da nur wenig weiter, denn die Regierung erhält das Geld erst im April, wenn sie Auflagen erfüllt hat.

Von Christiane Schlötzer und Markus Zydra, Frankfurt, München/Frankfurt

Gewöhnlich wird am "Reinen Montag", dem "Kathari Deftera", mit dem in Griechenland die Fastenzeit vor dem orthodoxen Osterfest beginnt, noch einmal gefeiert. Schulen und Banken bleiben geschlossen. Von kirchlicher Seite sind alle Arbeiten untersagt, außer dem Reinigen der Küchengeräte. An diese traditionellen Vorgaben konnte sich die Regierung von Alexis Tsipras in diesem Jahr nicht halten. Sie musste letzte Hand anlegen an ihre Reformliste für Griechenlands Kreditgeber. Auch Berechnungen der griechischen Zentralbank, die von der Zeitung Kathimerini veröffentlicht wurden, sorgten nicht gerade für Feierlaune.

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Die Detailfragen sind geklärt: Griechenland hat eine Liste konkreter Reformen geliefert, um das Hilfsprogramm vorerst am Laufen zu halten. Der vollständige Brief auf Englisch zum Nachlesen.

Demnach wird die 40-tägige Fastenzeit diesmal selbst bei äußerster Sparsamkeit zur Zitterpartie für den griechischen Staat werden. Die finanziellen Verpflichtungen sind enorm. Schon in dieser Woche müssen Reserven staatlicher Körperschaften angezapft werden, um laufende Ausgaben zu bewerkstelligen. Im März geht es dann Schlag auf Schlag: Am 6. März werden Staatsanleihen in Höhe von 1,4 Milliarden Euro fällig und müssen refinanziert werden, am 20. März sind es noch einmal 1,6 Milliarden Euro. Bei der letzten Auktion dieser sogenannten T-Bills hatte die Regierung schon Schwierigkeiten, bei den eigenen Banken noch ausreichend Käufer zu finden. Fast 1,6 Milliarden Euro müssen zudem im März an Krediten an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückgezahlt werden.

Nun gibt es Hoffnung, dass wenigstens die Kapitalflucht abebbt

Für Löhne und Gehälter werden im März zudem 1,5 Milliarden Euro fällig, und fast noch einmal so viel für die Sozialversicherung. Insgesamt würden zehn Milliarden Euro im März benötigt, rechnet die Zeitung vor - Geld, das die Regierung wiederum über Schatzanleihen bei den Banken einsammeln muss. Das dürfte angesichts der prekären Situation der Kreditinstitute alles andere als einfach werden. Denen geht nämlich buchstäblich das Geld aus, nachdem viele Griechen ihre Konten geleert haben, aus Angst vor einem "Grexit" und vor Kapitalverkehrskontrollen. In den vergangenen Monaten sollen so bereits 20 Milliarden Euro auf Konten ins Ausland, auch nach Deutschland, geflossen sein.

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Der Brief aus Athen ist in Brüssel angekommen und die Finanzminister haben ihn abgenickt. Die Verlängerung des Kreditprogramms steht kurz bevor. Aber kann Griechenland die zugesagten Reformen überhaupt umsetzen?

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Die Finanznöte der Athener Regierung werden auch durch die Vereinbarung mit der Euro-Gruppe, sollte sie Bestand haben, erst einmal nicht wirklich besser. Restmittel aus dem noch mit den Vorgängern vereinbarten Hilfsprogramm soll die Tsipras-Regierung erst erhalten, wenn sie bis 30. April die Auflagen aus dem alten Programm erfüllt. Ohne die Verlängerung dieses Programms für wenige Monate wäre Griechenland allerdings sofort Pleite. Denn dann könnte die Europäische Zentralbank (EZB) Griechenlands Banken nicht mehr mit Notfall-Krediten versorgen.

Diese sogenannte Emergency Liquidity Assistance (ELA) muss von der EZB genehmigt werden. Bislang haben die Frankfurter Währungshüter in drei Schritten einen Nothilferahmen von insgesamt 68,5 Milliarden Euro gewährt. Davon dürfte nur noch ein einstelliger Milliardenbetrag verfügbar sein. Denn die EZB akzeptiert seit Mitte Februar griechische Staatsanleihen nicht mehr als Pfand, weshalb EZB-Kredite (Volumen 54 Milliarden Euro) auf die griechische Zentralbank umgeschuldet werden mussten.

Nun gibt es die Hoffnung, dass die Kapitalflucht aus Griechenland abebbt, immer vorausgesetzt, die politische Einigung mit den Geldgebern hat Bestand. Dennoch steht die EZB bereit: Die griechische Notenbank könne jederzeit einen Antrag auf eine Erhöhung des ELA-Verfügungsrahmens stellen, heißt es in Frankfurt. Der EZB-Rat würde dann zügig in einer Telefonkonferenz darüber befinden. Man geht davon aus, dass die EZB in dieser Phase nicht die Geldzufuhr für den griechischen Bankensektor kappen würde. Allerdings erhöht die EZB den Nothilferahmen nur noch in kleinen Tranchen. Nach den zunächst bewilligten 60 Milliarden Euro, folgten weitere fünf Milliarden. Zuletzt gab es nur noch einen Zuschlag von 3,5 Milliarden Euro. Die Notenbank in Athen hatte sich zehn Milliarden Euro gewünscht.

Der Linksaußen-Flügel von Syriza schimpft

Der griechische Wirtschaftsblog Macropolis hat errechnet, dass von den bislang aus dem zweiten Hilfsprogramm von EU und IWF ausgeschütteten 226,7 Milliarden Euro bislang nur elf Prozent Griechenlands Regierung direkt erhalten hat, der Rest floss in die Kreditfinanzierung.

Der Linksaußen-Flügel von Syriza ist mit dem Brüsseler Kompromiss weiter alles andere als zufrieden. Manolis Glezos, 92, ein linker Mythos, schimpfte: Wenn die Regierung nun statt von der Troika von der "Institution" spreche, werde damit nur "Fisch zu Fleisch deklariert". Er entschuldige sich bei den Griechen für diese "Illusion". Darauf meinte ein Regierungssprecher, Glezos sei "wahrscheinlich nicht gut informiert über die harten und mühsamen Verhandlungen, die noch weitergehen".

© SZ vom 24.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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