Hamburger Hafen:Immobilien sind jetzt lukrativer als Container

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Gewinnrückgänge machen dem Hamburger Hafen zu schaffen. (Foto: Christian Charisius/dpa)

Der Hafenlogistiker HHLA meldet einen massiven Gewinnrückgang. Abhilfe soll der Einstieg der Reederei MSC schaffen - doch die nächste Demo dagegen steht schon bevor.

Von Saskia Aleythe, Hamburg

Es sind Zahlen, über die sich in Hamburg niemand freut, aber ein leises Gefühl der Bestätigung wird im Rathaus dieser Tage vielleicht doch kursieren. Viel Kritik hatte Bürgermeister Peter Tschentscher schließlich einstecken müssen, als er vor gut vier Monaten die Pläne vorstellte, wonach die weltweit größte Reederei MSC beim eigenen Hafenlogistiker HHLA einsteigen soll, mit massiven Anteilen. Nun geben ihm die Zahlen zumindest in einer Sache recht: Es muss sich etwas tun am Hafen. Das Geschäft der Hamburger Hafen- und Logistik AG ist 2023 eingebrochen, das Betriebsergebnis (Ebit) verzeichnete mit 93 Millionen Euro einen Rückgang um 54 Prozent. Das unterschritt sogar die Erwartungen von 100 bis 120 Millionen Euro.

Noch drastischer wirkt die Lage, wenn man die einzelnen Bereiche vergleicht, mit denen die HHLA ihr Geld verdient. Ihr Kerngeschäft ist eigentlich der Transport von Containern, das machte im vergangenen Jahr aber nur einen Überschuss von neun Millionen Euro aus - das ist weniger, als das Immobiliengeschäft in der Speicherstadt mit elf Millionen Euro brachte. Die Gesamtlage ist für Hamburg alarmierend, doch das ändert wohl kaum etwas an der Gegenwehr vieler Hafenarbeiter gegen den Einstieg der Mediterranean Shipping Company: Für diesen Mittwoch hat die Gewerkschaft Verdi erneut zur Demo aufgerufen. Es geht um die Angst vor schwindender Mitbestimmung, die Angst um Arbeitsplätze. Und auch um ein Gefühl: Sein Herzstück, den Hafen, das gibt man nicht einfach so her.

In der Pandemie führten hohe Lagergebühren für Container zu großen Gewinnen

Für die neuesten Entwicklungen hat die HHLA verschiedene Gründe parat. "Im Jahr 2023 belasteten der Krieg in der Ukraine, geopolitische Spannungen, hohe Inflation und gestiegene Zinsen die Weltwirtschaft und trübten die konjunkturelle Entwicklung im Jahresverlauf zunehmend ein", sagte die Vorstandsvorsitzende Angela Titzrath. Alles zusammen wirke sich auf die Branche und die Geschäfte aus. Tatsächlich war ein deutlicher Gewinnrückgang in der Containersparte erwartet worden, nachdem sich in der Pandemie durch Lieferkettenprobleme viele Container an den Häfen stauten und die Lagergebühren entsprechend hochgeschraubt wurden. Die Situation im vergangenen Jahr war dann wieder eine ganz andere.

"Trotz dieser herausfordernden Rahmenbedingungen ist es im vergangenen Jahr gelungen, uns gut zu behaupten", sagte Titzrath aber auch. Tatsächlich scheint die Lage an den europäischen Konkurrenzhäfen beim Rückgang des Ladungsvolumens ähnlich zu sein. Der Containerumschlag sank in Hamburg um 6,3 Prozent, in Antwerpen und Rotterdam um jeweils rund sieben Prozent. Andererseits können die Konkurrenten Rückgänge auch leichter verkraften, sind sie bei der Gesamtmenge an transportierten Containern den Hamburgern doch enteilt. Und das schon vor einigen Jahren.

Genau deswegen hatte die Hamburger Politik im vergangenen Jahr einen Deal mit der Reederei MSC geschlossen: Hamburg hielt bisher rund 69 Prozent der Anteile an der HHLA, 49,9 Prozent sollen nun in einem komplexen Verfahren an MSC gehen. Der Senat hat bereits dafür gestimmt, in den kommenden Monaten sind die Abgeordneten der Hamburger Bürgerschaft dran. Ein Beschluss soll frühestens im Mai erfolgen. Von dem Teilverkauf erhofft man sich im Rathaus, dass die Geschäfte am Hafen wieder besser laufen. MSC soll Jahr für Jahr mehr Ladung nach Hamburg bringen, von 2031 an sollen es eine Million Container mehr pro Jahr sein. Außerdem ist der Bau der Deutschlandzentrale in der Hansestadt geplant.

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Arbeiter fürchten um ihre Arbeitsplätze

An der versprochenen Ladungsmenge haben Kritiker allerdings erhebliche Zweifel. MSC hat bisher beim HHLA-Konkurrenten Eurogate seine Container umschlagen lassen, möglicherweise droht nun dort der Abzug, was der Stadt in der Gesamtlage kaum helfen würde, den Arbeitern noch viel weniger. Außerdem befürchten Betriebsräte und Gewerkschaften, dass der Einfluss der Mitarbeiter im Unternehmen sinken wird, sich Arbeitsbedingungen verschlechtern und Stellen abgebaut werden könnten. Dass MSC als Familienunternehmen als besonders verschlossene Firma gilt, schürt zusätzliche Ängste. Zuletzt war es an einem Terminal schon zu einem wilden Streik gekommen, auf den Abmahnungen folgten.

Es sind unsichere Zeiten, durch die sich die HHLA gerade bewegt. Das hinterlässt Spuren, verkündete doch Deutschlands größte Reederei Hapag-Lloyd zuletzt eine Allianz mit der dänischen Reederei Moller Maersk, ab 2025. Zehn Prozent weniger Ladung soll im Zuge dessen in Zukunft nach Hamburg kommen, Bremerhaven und Wilhelmshaven werden stattdessen profitieren. Das muss man dann gerade so festhalten: Es gab schon schönere Aussichten für den Hamburger Hafen.

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