Hacking:Deutschland plant Cyber-Gegenschläge

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Nicht nur Verteidigung, auch Gegenangriff soll in Zukunft bei digitalen Attacken möglich sein (Foto: dpa)
  • Die Bundesregierung lässt analysieren, was technisch nötig ist, um Hacker-Angriffe nicht nur abwehren, sondern den Server der Angreifer auch zerstören zu können.
  • Bisher fehlt für derlei Vorhaben eine gesetzlichen Grundlage.
  • Solche "Hack Back-Attacken" gelten als riskant. Oft ist unklar, wer hinter dem Angriff steckt. Manchmal nutzen Angreifer auch Server von Unbeteiligten als "Schutzschilde".

Von Georg Mascolo, München

Die Bundesregierung will die Voraussetzungen schaffen, um im Fall eines Cyberangriffs zurückschlagen zu können und um darüber hinaus auch in der Lage zu sein, notfalls feindliche Server zu zerstören. Der Bundessicherheitsrat unter Vorsitz von Kanzlerin Angela Merkel beschloss nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR Ende März, eine Analyse der hierfür benötigten technischen Fähigkeiten vornehmen zu lassen. Zudem sollen der Regierung Vorschläge für notwendige gesetzliche Änderungen vorgelegt werden. Im Sommer sollen die Ergebnisse dem stets geheim tagenden Bundessicherheitsrat präsentiert werden.

Unter Experten sind solche Maßnahmen als "Computer Network Operations" oder "Hack Back" bekannt. Während eines laufenden Angriffs wird der Angreifer identifiziert, Cyberkräfte blocken die Attacke ab oder zerstören die Server, über die der Angriff läuft, zum Beispiel durch Schadsoftware.

Bislang fehlt eine gesetzliche Grundlage

Voraussetzung dafür wäre, dass ein Rechtshilfeersuchen ohne Aussicht auf Erfolg ist und sich der Angriff aus dem Ausland nicht anders stoppen lässt. In Regierungskreisen ist von einem "digitalen finalen Rettungsschuss" die Rede. Als Beispiel wird etwa ein Angriff auf ein Stromnetz genannt oder ein weiteres Hacking des Deutschen Bundestages. In diesem Fall etwa könnten auch die Server vom Netz genommen werden, auf denen sich gestohlene Daten aus dem Parlament befinden.

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Innenminister Thomas de Maizière erklärte die Notwendigkeit der Maßnahmen unlängst im Bericht aus Berlin mit den auch sonst geltenden Regeln der Gefahrenabwehr: Ein Polizist zum Beispiel trage im Einsatz ja nicht nur eine Schutzweste, sondern auch eine Pistole.

Allerdings fehlt es für derlei Vorhaben bisher an einer gesetzlichen Grundlage. Die Bundeswehr, die gerade eine eigene Cyber-Teilstreitkraft installierte, ist nur bei einem kriegerischen Akt aus dem Ausland zuständig oder wenn die eigene Truppe angegriffen würde. Um die Regelungslücke bei Angriffen auf zivile Ziele zu schließen, sollen nun entsprechende gesetzliche Vorschläge erarbeitet werden. Langfristig gibt es innerhalb der Bundesregierung zudem die Überlegung, die Abwehr von Cyberangriffen vollständig dem Bund zu übertragen. Da Gefahrenabwehr aber Sache der Länder ist, wäre hierfür eine Grundgesetzänderung notwendig.

Hack-Back-Attacken gelten als riskant, oft ist es schwer zu identifizieren, wer tatsächlich hinter einem Angriff steckt. Auch besteht das Risiko, dass die Angreifer - ähnlich menschlichen Schutzschilden im Krieg - für ihre Angriffe Server kapern, auf denen besonders sensible Daten lagern. Als fiktives Beispiel nannte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) unlängst den Server einer Frühchen-Station eines Krankenhauses.

Unklar ist bisher auch, welche Behörde mit dem Auftrag ausgestattet werden soll. Infrage kommen neben dem BND der Verfassungsschutz, das Bundeskriminalamt oder die Experten des BSI. Dort ist heute bereits das sogenannte Cyber-Abwehrzentrum angesiedelt, das in jedem Fall ausgebaut und eine zentrale Rolle bei der Abwehr von Angriffen spielen soll.

© SZ vom 20.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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