Der griechische Premier Alexis Tsipras will mit der teilweisen Entmachtung von Finanzminister Yanis Varoufakis Schwung in die Verhandlungen mit den internationalen Kreditgebern bringen und sein Land so vor der Pleite bewahren. An Stelle von Varoufakis und eines Vertrauten sollen von sofort an Vize-Außenminister Euklides Tsakalotos und der erfahrene Unterhändler Giorgos Houliarakis Gespräche führen mit EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds (IWF). Bis zum Treffen der Euro-Finanzminister am 11. Mai soll eine Reformagenda stehen.
Wie Tsipras den Geldgebern entgegenkommt
Das Kabinett in Athen legte zugleich seine Verhandlungspositionen neu fest. Demnach ist Tsipras, anders als bisher, bereit zu Reformen des Arbeitsmarkts und bei der Rente. So will er das Gesetz zur Anhebung des allgemeinen Mindestlohnes auf 751 Euro zunächst einfrieren. Betriebliche Renten, die höher als 700 Euro sind, sollen gekürzt werden. Privatisierungen werden geprüft, die Frühverrentung wird begrenzt.
Mit den Reformen will der Ministerpräsident die Geldgeber dazu bewegen, zurückgehaltene Kredite in Höhe von bis zu 18 Milliarden Euro auszuzahlen. Angesichts der drohenden Insolvenz ist sein Land dringend auf das Geld angewiesen.
Warum Varoufakis geschwächt wird
Dass Varoufakis Kompetenzen verliert, hatte sich schon angedeutet. Bereits bei der IWF-Frühjahrstagung am vorvergangenen Wochenende verärgerte er EU-Kollegen, weil er deren Reformforderungen einfach ignorierte und stattdessen volkswirtschaftliche Grundsatzvorträge hielt. Beim Euro-Finanzministertreffen in Riga verstärkte sich der Unmut noch. Aus Kreisen der Geldgeber verlautete seither, weitere Gespräche mit dem Minister seien sinnlos. Stattdessen werde man nur noch mit Tsipras reden, der den Ernst der Lage und die Dringlichkeit, zu einem Kompromiss zu kommen, offenbar langsam verstehe.

Ihr Forum:Griechenland: Was sagen Sie zur Schwächung von Varoufakis?
Der griechische Finanzminister Varoufakis ist erst seit drei Monaten im Amt, jetzt wird er Stück für Stück entmachtet. Neue Unterhändler sollen die Gespräche mit den Kreditgebern voranbringen.
Diese Auffassung teilt man auch in Berlin, wie das Telefonat von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Tsipras am Sonntagabend zeigt. Es war bereits ihr zweites Gespräch binnen weniger Tage. Allerdings ist man innerhalb der Bundesregierung unverändert skeptisch, ob am Ende ein Kompromiss gelingt. Zum einen seien die Positionen auch zwischen Merkel und Tsipras immer noch weit auseinander. Zum anderen sei es selbst in dem Fall, dass sich der Premier mit den Geldgebern einigt, fraglich, ob er den Kompromiss anschließend in den eigenen Reihen durchsetzen könne. Schon jetzt murren viele Abgeordnete des Syriza-Bündnisses über Tspiras' angebliche Nachgiebigkeit.

Griechenland:Ein Irrlicht namens Varoufakis
Die griechische Wirtschaft war auf dem Wege der Besserung. Doch dann kamen die neue Regierung und ihr Finanzminister - und es ging bergab. Besinnt sich Tsipras nicht rasch, könnte der Euro für die Hellenen schon in wenigen Wochen Geschichte sein.
In Athen wurde Varoufakis' Degradierung mit "mangelnder Substanz und dem persönlichen Charakter" begründet. Zu einer Entlassung des Ministers, über die in den Medien bereits spekuliert worden war, kam es aber zumindest vorerst nicht. Ein Regierungsmitarbeiter sagte, Tsipras habe Varoufakis bei der Kabinettssitzung am Sonntag das Vertrauen ausgesprochen. Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos kündigte derweil in einem Interview mit Spiegel Online an, Griechenland werde seine Staatsschulden "bis zum letzten Euro zurückzahlen".