Griechenland:Herkules versus Verwaltung

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Zu aufgebläht und teuer: Ein Grieche nimmt den Kampf gegen den Beamtenapparat seines Landes auf - und zählt erst mal nach, wie viele Staatsbedienstete es überhaupt gibt.

Christiane Schlötzer

Er könnte längst nach Hause gehen, sich ein schönes Leben auf einer Sonneninsel machen. Mit 72 Jahren hat Leandros Rakintzis auch das neue griechische Rentenalter schon um sieben Jahre überschritten. Der Mann aber hat eine Mission. Er ist der oberste Kontrolleur für den öffentlichen Dienst seines Landes, und in diesen Tagen hat er eher gute Laune. Weil Griechenland tut, was schon lange hätte getan werden müssen. Es zählt erstmals alle Staatsdiener.

Bis zu eine Million Beamte sollen für den griechischen Staat arbeiten. Ganz genau weiß das aber niemand, deswegen wird gezählt. (Foto: dpa)

Es ist tatsächlich kaum zu glauben, aber wie viele der etwas mehr als elf Millionen Griechen für ihren Staat arbeiten, und was sie alle überhaupt machen, ist bislang nicht bekannt. Rakintzis zumindest glaubt: "Man könnte auch mit der Hälfte der Leute auskommen." Aber erst müsste man einmal wissen, wie viele es sind. 700.000 oder eine Million? Zwischen diesen beiden Zahlen liegen die Schätzungen.

Am ersten Tag brach gleich der staatliche Computer zusammen, als 200.000 Beamte sich beeilten, ihre Daten einzugeben. Kein Wunder: Wer sich nicht rechtzeitig meldet - also vor dem 23.Juli -, muss damit rechnen, dass er vorerst kein Geld mehr erhält.

Wie die "Feudalherrscher"

Der aufgeblähte öffentliche Dienst ist eine der Hauptursachen für das horrende Haushaltsdefizit, das Hellas an den Rand des Bankrotts gebracht hat. Die EU und der Internationale Währungsfonds gewähren dem Land Milliardenkredite, verlangen dafür aber, dass es sich entsprechend anstrengt.

Kontrolleur Rakintzis findet das richtig. In seinem neuesten Bericht hat er die Missstände im öffentlichen Dienst beschrieben. So nahm die Zahl der Angestellten der Athener Trambahn in der Zeit der konservativen Regierung zwischen 2004 und 2009 um 533 zu, das Streckennetz aber wuchs um gerade mal zwei Kilometer. Die Verantwortlichen der Straßenbahngesellschaft will Rakintzis nun vor Gericht bringen.

Staatsjobs wurden in Griechenland bislang, besonders vor Wahlen, wie Geschenkpakete verteilt, und zwar auf allen Ebenen. Wie "Feudalherrscher" hätten sich gerade Kommunalverwaltungen benommen, schimpft Rakintzis. Gegen die Rundumerfassung, die er plant, hatten staatliche Datenschützer zunächst Einwände erhoben, sie dann aber mit Auflagen genehmigt. Aus den Computerbögen wurden einige persönliche Fragen gestrichen.

Behörden, die es nicht gibt

Manche Staatsdiener hätten auch mehrere Jobs, sagt Lykurgos Liaropoulos, Ökonom an der Universität von Athen und Spezialist für das hochdefizitäre Gesundheitssystem. "Wir werden Leute entdecken, die Geld aus drei oder vier Quellen bekommen." Andere wurden gar nicht bezahlt. Weil sie nur Kurzzeitverträge haben und angeblich seit Monaten auf ihr Gehalt warten, hinderten frustrierte Angestellte des Kultusministeriums in dieser Woche Hunderte Touristen an einem Besuch der Akropolis.

Jüngst erst wurde eine Gesundheitsbehörde abgeschafft, die nie existierte. Zumindest hatte sie keine Angestellten. Überbesetzt seien vor allem Ämter, die gut bezahlen, sagt Rakintzis. Andernorts gebe es viel zu wenig Mitarbeiter - etwa auf einsamen Inseln, in den Grenzgebieten zur Türkei oder im Amt zum Schutz der Wälder.

Die sozialistische Regierung will nun für je fünf Angestellte, die in Pension gehen, nur noch einen einstellen. Rakintzis hat 28 Mitarbeiter, das ist wenig für die Kontrolle des ganzen Landes. Der rundliche Mann sagt, in den 38 Berufsjahren als Richter habe er gelernt, "fast alles allein zu machen". Er ist wirklich ein Vorbild.

© SZ vom 02.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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