Griechenland:Brüssel sieht Athen auf "dünnem Eis"

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Tsipras im Parlament in Athen: Vertreter der Troika sind ihm nicht willkommen. (Foto: Bloomberg)
  • Damit die verbliebenen Notkredite ausgezahlt werden können, muss Athen ein detailliertes Reformpaket vorlegen, das die Euro-Partner akzeptieren. Das nächste Treffen der zuständigen Finanzminister findet an diesem Montag in Brüssel statt.
  • Immer noch ist unklar, wie die Kreditgeber verlässliche Zahlen zur wirtschaftlichen Lage des Landes bekommen sollen. Buchprüfer der Troika will Tsipras nicht mehr ins Land lassen.
  • Die Euro-Partner wollen Athen anbieten, zweigleisig zu fahren. Die politischen Verhandlungen über die Details der Reformen sollen in Brüssel stattfinden, die technischen Buchprüfungen in Athen.

Von Cerstin Gammelin, Brüssel

Die Euro-Staaten bemühen sich mit Nachdruck, einen Weg zu finden, um Griechenland die noch verbliebenen Finanzhilfen auszahlen zu können - kämpfen dabei aber mit Hürden, die nicht zuletzt die griechische Regierung aufgebaut hat. Die Zeit dränge, sagte ein hoher EU-Beamter am Sonntag in Brüssel, die griechische Regierung bewege sich, finanziell gesehen, "auf sehr dünnem Eis".

Aus der Gruppe der Euro-Länder hieß es, man wolle dem griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis "einen Kompromiss" anbieten, um endlich damit beginnen zu können, die Voraussetzungen für die Auszahlung des Geldes abzuarbeiten. Das nächste Treffen der Euro-Finanzminister findet an diesem Montag in Brüssel statt.

Die finanzielle Notlage Athens ist so groß, dass im Februar erstmals einige Staatsbedienstete nicht bezahlt werden konnten. Die Regierung von Premierminister Alexis Tsipras finanziert Ausgaben bereits über staatseigene Pensionskassen und Betriebe. Um das Hilfsgeld auszahlen zu können, das im laufenden Rettungspaket noch vorhanden ist, muss Athen aber zwei Bedingungen erfüllen. Erstens: Tsipras muss ein detailliertes und durchkalkuliertes Reformpaket vorlegen und sich verpflichten, es umzusetzen. Zweitens: Parallel dazu sollen die internationalen Kreditgeber Griechenlands - der Internationale Währungsfonds, die Europäische Zentralbank (EZB) und die Euro-Länder - prüfen, ob das Paket geeignet ist, die vereinbarten Ziele zur Modernisierung der griechischen Wirtschaft zu erfüllen.

Buchprüfer der "Troika"? Nicht bei Tsipras

Heben die Prüfer der Kreditgeber den Daumen, kann das Geld ausgezahlt werden. Beide Seiten haben schriftlich vereinbart, diesen Prozess bis Ende April abzuschließen, um dann die letzte Kreditrate in Höhe von 1,8 Milliarden Euro sowie 1,9 Milliarden Euro an Gewinnen der EZB aus dem Handel mit griechischen Anleihen nach Athen zu überweisen.

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Griechenland könnte in den nächsten Wochen das Geld ausgehen. Seit Tagen drängen die Kreditgeber die Regierung Tsipras daher, mit internationalen Buchprüfern zusammenzuarbeiten.

Von Cerstin Gammelin

Obwohl es bis Ende April nur noch sieben Wochen sind, ist noch nicht einmal ein Minimalziel erreicht: Es steht nicht fest, wo und wann die Experten der Kreditgeber sich verlässliche Zahlen über den Haushalt und den Stand der Reformen beschaffen können. Bisher hat sich die Regierung von Tsipras vehement dagegen gewehrt, die unter dem Namen "Troika" bekannt gewordenen und verhassten Buchprüfer ins Land zu lassen.

Um den Streit zu beenden, wollen die Euro-Partner Athen anbieten, zweigleisig zu fahren. Die politischen Verhandlungen über die Details der Reformen sollen in Brüssel stattfinden, die technischen Buchprüfungen in Athen. Es sei "nicht entscheidend", wo die politischen Treffen stattfänden, heißt es aus der EZB. Aber auf jeden Fall müssten "jetzt schnell Experten nach Athen".

Finanzminister Varoufakis schloss in einem Interview mit der Zeitung Corriere della Sera nicht aus, künftige Vereinbarungen, etwa zum Abbau der Schulden, per Referendum abstimmen zu lassen. Kurz darauf dementierte Athen derartige Pläne.

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker versicherte erneut, ein Austritt Griechenlands aus dem Euro sei undenkbar. "Es wird niemals einen Grexit geben", sagte er der Zeitung Welt am Sonntag.

© SZ vom 09.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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