Insiderkreise:Google soll Interesse am Kerngeschäft von Yahoo haben

Lesezeit: 3 min

Yahoo-Chefin Marissa Mayer (Foto: AP)
  • Der amerikanische Telekomkonzern Verizon möchte das Kerngeschäft von Yahoo kaufen, nun heißt es, dass auch Google und der Medienkonzern Time ein Angebot abgeben möchten.
  • Verizon gilt derzeit als Favorit, es soll das Yahoo-Kerngeschäft nicht mit einer negativen Zahl im zweistelligen Milliardenbereich bewerten.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Solche Nachrichten gibt es im Silicon Valley täglich: Unternehmen X will die Firma Y kaufen, nun haben aber auch die Konzerne Z und U Interesse. Normalerweise werden solche Meldungen gelangweilt überlesen. Wirklich spannend ist das nur, wenn in diese Platzhalter bedeutsame Namen eingesetzt werden - was am Donnerstag passiert ist. Der amerikanische Telekomkonzern Verizon möchte das Kerngeschäft von Yahoo kaufen, nun heißt es, dass auch Google und der Medienkonzern Time bis zum Montag ein Gebot abgeben möchten. Zumindest berichtet das die Agentur Bloomberg und beruft sich dabei auf Insiderkreise. Keines der beteiligten Unternehmen wollte sich bislang zu dem Bericht äußern.

Dass Yahoo an der Börse noch immer mit mehr als 34 Milliarden Dollar bewertet wird, liegt vor allem an der Beteiligung des Unternehmens an der chinesischen Handelsplattform Alibaba. Die ist knapp 30 Milliarden Dollar wert, die Beteiligung am unabhängig operierenden Yahoo Japan noch einmal knapp acht Milliarden Dollar. Dazu gibt es 6,8 Milliarden Dollar an Barvermögen und ein wenig mehr als eine Milliarde an Schulden. Rechnet man das alles zusammen, dann ist Yahoo weniger wert als die Summe seiner Einzelteile.

Der gesungene Firmenname mit dem langgezogenen "O"

Für das Kerngeschäft aus Suchmaschine, E-Mail-Dienst, Nachrichtenseite und das Werbegeschäft sind das besorgniserregende Zahlen. "Wer sich das Unternehmen genau anschaut und nach einer Bewertung für dieses Kerngeschäft sucht, der dürfte eine negative Zahl im zweistelligen Milliardenbereich erhalten", sagt Bloomberg-Analyst Matt Levine. Freilich rufen täglich noch immer mehr als eine Milliarde Menschen eine Internetseite im Yahoo-Universum auf, doch das Unternehmen kann das nur schwer in Umsatz und Gewinn verwandeln.

Yahoo galt mal als eines der coolsten Unternehmen der Welt, der gesungene Firmenname mit dem langgezogenen "O" hat sich in das Gedächtnis vieler Menschen gebrannt. In Internetjahren gerechnet war das allerdings in der Steinzeit, die heute coolen Firmen basteln mittlerweile an Elektroautos, an künstlicher Intelligenz oder an Virtual-Reality-Brillen. Yahoo? Ja, woran bastelt Yahoo eigentlich gerade? Chefin Marissa Mayer, 2012 als Rockstar von Google gekommen, ist mittlerweile zur Möbelhaus eröffnenden Schlagersängerin verkommen.

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Die Zukäufe für insgesamt mehr als drei Milliarden Dollar (Tumblr und Flurry etwa) zündeten nicht so recht, auch Umbauten und Entlassungen funktionierten nicht wie geplant, sündhaft teure Weihnachtsfeiern trugen eher nicht zur Mitarbeiter-Motivation bei - Mayer selbst bezeichnete das Verhältnis zu den Angestellten zuletzt als "kompliziert". Die Anleger wurden immer nervöser, zuletzt forderte der Hedgefonds Starboard Value, mit 1,7 Prozent an Yahoo beteiligt, erst einen Verkauf der wertvollen Beteiligungen und in der vergangenen Woche eine komplette Neubesetzung des Vorstands.

Mayer, weniger geniale Innovatorin als Anleger-Zufriedenstellerin, wollte deshalb zunächst einmal die Alibaba-Beteiligungen verkaufen und die Erlöse an die motzenden Anleger ausschütten. Ein wunderbarer Plan, doch hob die amerikanische Finanzbehörde IRS ihren Zeigefinger und merkte an, dass sie bei einem Verkauf dann doch auch gerne ihren Anteil an Steuern haben würde.

Aufgrund dieser Unsicherheit verzichtete Mayer auf den Verkauf der Beteiligungen und kündigte an, das Unternehmen mit einer kuriosen Aufteilung retten zu wollen. Yahoo soll nur noch aus den Beteiligungen an Alibaba und Yahoo Japan bestehen, alle anderen Geschäfte würden in ein neues Unternehmen eingebracht. Von einem Verkauf war zunächst keine Rede, vor zwei Monaten jedoch kündigte das Unternehmen eine Bieterrunde bis zum kommenden Montag an.

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Es heißt, dass Yahoo gerne sowohl das Kerngeschäft als auch die Beteiligungen an Yahoo Japan verkaufen würde und dass Verizon bereit sei, beides zu übernehmen und die Yahoo-Japan-Anteile an die Aktionäre zu verteilen. Um den Zukauf stemmen zu können, habe sich das Unternehmen bereits mit möglichen Investoren getroffen. Verizon würde, so heißt es in dem Bloomberg-Bericht, Marissa Mayer durch AOL-Chef Tim Armstrong und Verizon-Vizepräsident Marni Walden ersetzen. Neben einigen Banken soll nun auch Google einen Zukauf in Erwägung ziehen - auf SZ-Anfrage wollte man sich dort nicht zu den Spekulationen äußern.

Zumindest finanziell müsste sich Mayer nicht allzu lange ärgern

Verizon gilt derzeit als Favorit, es soll das Yahoo-Kerngeschäft nicht mit einer negativen Zahl im zweistelligen Milliardenbereich bewerten, sondern sogar mit positiven acht Milliarden Dollar. "Das Unternehmen interessiert sich besonders für die Nutzerdaten", sagt Brett Sappington von der Beraterfirma Parks Associates: "Die Zuschauer bewegen sich weg von traditionellen Medien hin zum Mobilen - diese Zukunft will Verizon sichern." Ein Verizon-Zukauf würde dann wohl die Entlassung von Mayer zur Folge haben.

Deren auf sieben Jahre ausgelegtes Projekt, Yahoo zu retten und zu einer ähnlich coolen Firma wie Google umzubauen, wäre dann nach weniger als vier Jahren grandios gescheitert. Zumindest finanziell müsste sich Mayer nicht allzu lange ärgern: Sie hat in den vergangenen drei Jahren mehr als 100 Millionen Dollar verdient und dürfte bei einer Entlassung noch einmal 28 Millionen Dollar bekommen. Das sind Zahlen fürs Scheitern, die selbst im Silicon Valley für Aufregung sorgen.

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