GM verlegt Europa-Zentrale:Triumph für Opel

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Die Marke Opel wird aufgewertet: GM verlegt seine Europa-Zentrale nach Rüsselsheim. Unterdessen rechnet Ex-Treuhandvertreter Pfeil mit den CDU-Ministerpräsidenten Koch und Rüttgers ab.

Der Mutterkonzern General Motors (GM) verlegt seine Europa-Zentrale von Zürich nach Rüsselsheim. "Wir wollen damit die Marke Opel und den Standort stärken", sagte ein Unternehmenssprecher.

Unklar ist, was die Sanierung von Opel kosten wird. Opel-Aufsichtsratsmitglied Armin Schild geht davon aus, dass sie deutlich teurer wird als von der Konzernmutter General Motors veranschlagt. (Foto: Foto: ddp)

Nach dem Verkauf von Saab wolle sich der US-Konzern in Europa nun auf seine Tochter Opel, die ihren Stammsitz in Rüsselsheim hat, sowie die Marke Chevrolet konzentrieren.

Die Standortentscheidung wird von Branchenkennern als Reaktion von GM auf die öffentliche Kritik an dem Gezerre um die Opel-Zukunft gesehen. Das Opel-Stammwerk südwestlich von Frankfurt am Main ist mit rund 15.600 Mitarbeitern das Herz von Opel.

Hier läuft der neue Mittelklassewagen Insignia vom Band. In Rüsselsheim ist zudem das Internationale Entwicklungszentrum (ITZ) angesiedelt. Daneben hat Opel in Deutschland noch Werke in Bochum, Kaiserslautern und Eisenach. Chevrolet hat seinen Europa-Sitz nach wie vor in Zürich.

Die Bundesregierung wies unterdessen einen Spiegel-Bericht über einen sich anbahnenden Streit wegen möglicher Staatshilfen für GM zur Rettung von Opel zurück.

Der Spiegel hatte am Samstag vorab berichtet, die Erklärung von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), der Mutterkonzern GM verlange keine deutschen Hilfen mehr, sei in Kanzleramt und Finanzministerium auf Verwunderung gestoßen.

Grundsätzlich zu Hilfen bereit

Beide Ressorts rechnen dem Bericht zufolge damit, dass GM einen entsprechenden Antrag stellen werde. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) seien auch beide grundsätzlich bereit, Hilfen für Opel bereitzustellen, selbst wenn das Unternehmen im Besitz des US-Konzerns bleibe, hieß es laut Spiegel in beiden Häusern.

Der Sprecher der Bundesregierung betonte am Samstag, es sei bisher kein solcher Antrag gestellt werden. Und wenn es ihn geben sollte, werde er nach dem üblichen Verfahren geprüft. Im Übrigen verwies der Sprecher auf unterschiedliche Angaben aus dem GM-Management.

Verwaltungsratschef Ed Whitacre hatte dem Münchner Merkur gesagt: "Ich glaube, dass wir gar keine Gelder der Bundesregierung für Opel brauchen. Wenn Frau Merkel nichts zur Verfügung stellen will, dann bezahlen wir das eben selbst." Brüderle hatte am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner" zudem erklärt, GM wolle keine deutsche Staatshilfen für die Tochterfirma Opel. Dies habe Whitacre erklärt.

Dagegen hatte eine Sprecherin von GM Europa gesagt, eine nachhaltige Restrukturierung von Opel benötige Hilfe von allen Seiten. Dazu zähle auch die Unterstützung durch Staaten und Mitarbeiter.

Teure Sanierung

Unklar ist freilich, was die Sanierung von Opel kosten wird. Opel-Aufsichtsratsmitglied Armin Schild geht davon aus, dass sie deutlich teurer wird als von der Konzernmutter General Motors veranschlagt. "Ich gehe davon aus, dass eine Restrukturierung, die auch eine Vorwärtsstrategie eröffnet, über sechs Milliarden, wahrscheinlich eher sieben Milliarden Euro kostet", sagte der Frankfurter IG-Metall-Bezirkschef der Wirtschaftswoche.

GM selbst hatte zuletzt erklärt, für die Sanierung der deutschen Tochter seien rund drei Milliarden Euro nötig. Der gescheiterte Kaufinteressent Magna hatte mit 4,5 Milliarden kalkuliert.

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG bezifferte im September die Sanierungskosten für Opel innerhalb des GM-Konzerns auf 6,1 Milliarden Dollar, umgerechnet 4,1 Milliarden Euro.

Unterstützung erhielten unterdessen die Opel-Mitarbeiter: So stellte sich der SPD-Parteitag in Dresden hinter die Belegschaft.

Die gut 500 Delegierten verabschiedeten am Samstag ohne Gegenstimme eine Resolution, in der vom amerikanischen Mutterkonzern der Erhalt aller deutschen Werke des Autobauers und der Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen gefordert werden.

"Herz-Jesu-Sozialismus"

Der inzwischen abberufene Vertreter der Bundesländer in der Opel-Treuhand, Dirk Pfeil, rechnete in einem Focus-Interview mit den CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch und Jürgen Rüttgers ab. Der hessische Regierungschef Koch betreibe mit seiner Kritik an GM "Herz-Jesu-Sozialismus", sagte Pfeil laut Vorabmeldung.

In Richtung des Düsseldorfer Ministerpräsidenten Rüttgers, der das Verhalten von General Motors menschenverachtend und rücksichtslos genannt hatte, sagte Pfeil demnach: "Das ist falsch und demagogisch. Da schürt ein Ministerpräsident mit völlig übertriebenen Formulierungen Ängste."

Noch vor Jahresende soll die Suche nach einem Aufsichtsratsvorsitzenden für Opel einem Zeitungsbericht zufolge abgeschlossen werden. Nach Informationen der "Welt am Sonntag" gibt es offenbar mindestens zwei Kandidaten für den Posten des Aufsichtsratschefs.

Wie die Automobilwoche schreibt, hat der ursprüngliche Kandidat für den Posten, Bob Lutz, kaum Chancen. Lutz sei bei den Arbeitnehmervertretern nicht durchzusetzen, sagte ein mit dem Vorgang Vertrauter dem Blatt zufolge.

Anfang November hatte sich GM entschieden, Opel nicht an den Zulieferer Magna zu verkaufen, sondern die deutsche Tochtergesellschaft eigenständig zu sanieren.

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