Gewerkschaften:ÖPNV-Streiks in mehreren Städten: Verlängerung in Karlsruhe

Lesezeit: 2 min

Straßenbahnschienen, die ins Leere laufen, aufgenommen in der Karlsruher Innenstadt. (Foto: Uli Deck/dpa)

Zwei Tage ging im ÖPNV in sieben großen Städten im Südwesten kaum etwas. Während Busse und Bahnen am Samstag fast überall wieder normal fahren dürften, wird der Streik in Karlsruhe verlängert.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Stuttgart (dpa/lsw) - Fahrgäste von Bussen und Bahnen im Nahverkehr in mehreren Städten Baden-Württembergs haben sich am Freitag erneut Alternativen suchen müssen. Wie bereits am Donnerstag bestreikte die Gewerkschaft Verdi sieben kommunale Nahverkehrsunternehmen. Betroffen waren neben der Landeshauptstadt Stuttgart auch Karlsruhe, Heilbronn, Freiburg, Baden-Baden, Esslingen und Konstanz.

In Karlsruhe rief die Gewerkschaft kurzfristig zu einer Verlängerung des Streiks an diesem Samstag auf, wie sie am Freitag mitteilte. Die Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) hätten die Streiks ihrer Beschäftigten zum wiederholten Mal in dieser Tarifauseinandersetzung unterlaufen, indem Ersatzverkehr auch der landeseigenen SWEG eingesetzt worden sei, teilte Verdi zur Begründung mit.

Die VBK wiesen den Vorwurf auf Anfrage zurück. Rund 30 Prozent der normalerweise eingesetzten Busse würden durch beauftragte Firmen gefahren, teilte ein Sprecher mit. Die Verträge sähen keine explizite Möglichkeit vor, an Streiktagen Leistungen von Auftrags­unter­nehmen abzubestellen und diese somit nicht zu vergüten. Die Unternehmen hätten vielmehr grund­sätzlich Anspruch, ihre vertraglichen Pflichten erfüllen zu dürfen. Insofern werde ein Minimal­angebot zur Verfügung gestellt, das dennoch sehr weit vom Regelangebot entfernt sei.

Einschränkungen auch für Abiturientinnen und Abiturienten

An den beiden Streiktagen beteiligten sich 4000 Beschäftigte, wie Verdi mitteilte. Auch Abiturientinnen und Abiturienten mussten sich wie am Donnerstag auf Einschränkungen einstellen. Denn der Streik fiel mit dem Beginn der schriftlichen Prüfungen zusammen. Nach Angaben des Kultusministeriums standen am Freitag an den allgemeinbildenden Gymnasien Geschichte (bilingual Französisch) und Hebräisch auf dem Plan. An den Berufsgymnasien wurde Mathematik geprüft.

Änderungen sollte es aber nicht geben: „Das Abitur und die Abschlussprüfungen finden statt“, teilte das Ministerium vorab mit. Für das Zu-Spät-Kommen gelte eine Toleranzgrenze von 30 Minuten. Auch wer also eine halbe Stunde zu spät komme, dürfe noch mitschreiben. Wer aufgrund des Streiks gar nicht in die Schule kommen könne, für den bleibe grundsätzlich der Nachtermin. Ob die Schülerin oder der Schüler unter zumutbaren Anstrengungen zur Schule hätte kommen können, muss demnach im Einzelfall geprüft werden.

Der Landesschülerbeirat (LSBR) Baden-Württembergs zeigte sich besorgt: Wegen des Streiks könnten zahlreiche Schülerinnen und Schüler ihre täglichen Schulwege nicht wie gewohnt zurücklegen. Insbesondere während der Abiturzeit könne dies eine enorme Belastung und Stresssituation darstellen und im Extremfall Auswirkungen auf den Prüfungsverlauf haben.

Tarifstreit zieht sich seit Ende Januar

Die Auseinandersetzung zwischen Verdi und den Nahverkehrsbetrieben zieht sich seit Ende Januar: Nach vier Verhandlungsrunden hatte Verdi die Verhandlungen mit dem Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) am 11. März für gescheitert erklärt. Im Anschluss sprachen sich bei einer Urabstimmung rund 93 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder in den Betrieben für die Möglichkeit unbefristeter Streiks aus.

Der Konflikt hat den ÖPNV in Teilen des Landes bereits mehrmals weitgehend lahmgelegt. Bus- und Straßenbahnfahrer in den Städten traten seit Anfang Februar bislang an vier Tagen zeitgleich in den Ausstand. Hinzu kamen einzelne Warnstreiks in verschiedenen Städten.

Verdi verhandelt mit den kommunalen Nahverkehrsunternehmen in mehreren Bundesländern über neue Manteltarifverträge. Die Forderungen unterscheiden sich: Im Südwesten tritt die Gewerkschaft für eine grundsätzliche Verkürzung der Wochenarbeitszeit sowie eine Schichtzulage im Fahrdienst ein. Außerdem will Verdi unter anderem erreichen, dass sich die Beschäftigten Verspätungen und bislang unbezahlte Wegzeiten vollständig als Arbeitszeit anrechnen lassen können. Von den Gesprächen sind rund 6500 Beschäftigte betroffen.

Arbeitgeber sehen Schmerzgrenze

Die Arbeitgeber hatten in der vergangenen Verhandlungsrunde ein neues Angebot vorgelegt und waren Verdi nach eigenen Angaben weit entgegengekommen. Mit dem Angebot sah KAV-Hauptgeschäftsführerin Sylvana Donath auch eine Schmerzgrenze überschritten. Der Gesamtumfang der Verdi-Forderungen sei Steuerzahlern nicht vermittelbar. Statt mit Streiks das Vertrauen in den ÖPNV zu schwächen, sei es wichtig, zu einem Abschluss zu kommen. Die Fahrgäste hätten nach zahlreichen Streiktagen kein Verständnis mehr.

Die nächste Verhandlungsrunde ist für kommende Woche geplant.

© dpa-infocom, dpa:240419-99-737024/4

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: