Arbeit:Die Generation Z will Karriere machen

Arbeit: Für junge Menschen soll der Beruf nicht mehr so wichtig sein.

Für junge Menschen soll der Beruf nicht mehr so wichtig sein.

(Foto: Imago/Wavebreak Media)

Junge Leute lassen sich mehr ausbeuten, sie wollen die Viertagewoche und viel Freizeit - so das gängige Klischee über die Generation Z. Eine Umfrage zeigt nun, dass das nur Vorurteile sind.

Von Bernd Kramer

Angeblich läuft es heute ja so, wenn ein Unternehmen verzweifelt eine Stelle zu besetzen hat: Es kommt ein junger Uni-Absolvent, er setzt sich tiefenentspannt ins Vorstellungsgespräch und zählt erst einmal auf, was alles mit ihm nicht zu machen sei. Überstunden? Puh. Kurzfristige Extraeinsätze auf Kosten von Freunden und Hobbys? Schwer vorstellbar. Erreichbarkeit nach Feierabend? Wird unmittelbar bei der nächsten Polizeidienststelle zur Anzeige gebracht. Stattdessen möchte der junge Bewerber eine Viertagewoche und regelmäßige Auszeiten. Die älteren Babyboomer verabschieden sich in Scharen in die Rente, der Nachwuchs ist knapp, er weiß um seine Marktmacht - und spielt sie gnadenlos aus.

So zumindest geht das Klischee der Generation Z: Mit den 16- bis 28-Jährigen betritt angeblich eine Kohorte den Arbeitsmarkt, die sich für den Job nicht mehr aufopfern möchte und schon vor dem ersten Arbeitstag innerlich gekündigt hat und das sogenannte Quiet Quitting als Lebensform zelebriert. Aber stimmt das auch?

Neue Zahlen, die der SZ vorab vorliegen, zeichnen ein anderes Bild. Im Auftrag des Karrierenetzwerks Linkedin hat das Meinungsforschungsinstitut Yougov rund 2500 Menschen im Alter von 16 bis 28 Jahren befragt. 60 Prozent von ihnen sagen demnach, sie möchten schnell Karriere machen und viel Geld verdienen. 52 Prozent würden für den Job Opfer in Kauf nehmen, würden also Überstunden machen oder auch für den Arbeitgeber umziehen. 81 Prozent seien bereit, viel zu leisten, wenn sie einen Sinn in ihrer Arbeit sehen.

Die junge Generation denkt offenbar doch recht traditionell. Auch bei der Generation Z ist das wichtigste Kriterium bei der Entscheidung für eine Stelle das Gehalt. Die Hälfte der Befragten legt Wert auf eine faire Bezahlung; eine gute Work-Life-Balance ist gerade einmal für etwas mehr als ein Drittel besonders relevant. Ein diverses Arbeitsumfeld oder ein Unternehmen, dessen Werte man teilen kann, sind dagegen weit abgeschlagene Kriterien.

Auch haben jüngere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer offenbar keineswegs das Gefühl, den Firmen ihre Bedingungen diktieren zu können. Lediglich 16 Prozent der befragten 16- bis 28-Jährigen geben an, sie würden auf dem Arbeitsmarkt vom Fachkräftemangel profitieren. Aus Sicht der Jüngeren sind es offenbar eher die Unternehmen, die die Vorgaben machen. 58 Prozent der Befragten zum Beispiel haben weiterhin den Eindruck, dass Arbeitgeber in Stellenanzeigen unrealistische Anforderungen formulieren.

In vielen Fragen unterscheiden sich die Generationen kaum

Forschende warnen ohnehin vor dem Generationen-Etikett in der Berufswelt: Oft stecke wenig dahinter. Der Leipziger Arbeitspsychologe Hannes Zacher etwa beklagt, dass sich die postulierten Etiketten kaum durch empirische Studien stützen ließen - oft allein aus methodischen Gründen: Man müsste die Angehörigen einer Generation über mehrere Jahrzehnte hinweg beobachten, um sicher herauszufinden, ob ihre Werte und Erwartungen von denen vorheriger Geburtskohorten tatsächlich abweichen. Vielleicht sehen die Angehörigen der Generation Z manche Dinge ja nur anders, weil sie jünger sind - und ticken irgendwann genauso wie die Babyboomer, wenn sie erst in deren Alter kommen.

Der Marburger Soziologe Martin Schröder hat in einer großen Untersuchung die Einstellungen sämtlicher Nachkriegsgenerationen während ähnlicher Lebensphasen miteinander verglichen. Sein Ergebnis: In ihren Jugendjahren dachten die verschiedenen Generationen in vielen Punkten tatsächlich überraschend gleich. Dem jungen Babyboomer war Selbstverwirklichung ähnlich wichtig wie dem Kind der 80er-Jahre in dessen Jugend. Und wer in den 80er-Jahren geboren wurde, hatte als junger Mensch wiederum ähnlich viel Interesse an beruflichem Erfolg wie vor ihm der junge 68er. Weder waren die einen besonders faul, noch die anderen auffällig leistungswillig, die Generationen waren sich weitgehend ähnlich.

Dass bei der Rede von der Generation Z Vorsicht angebracht ist, ist auch ersichtlich, wenn man ein paar Jahre und einen Buchstaben im Alphabet zurückblickt. Als die Generation Z noch in der Schule saß, diskutierten Personaler lebhaft über die Generation Y, die ganz anders auf dem Arbeitsmarkt auftrete: die sich für ihren Job nicht mehr aufopfern wolle und für die Karriere nicht an erster Stelle stehe. Diese Zuschreibungen klingen wieder ziemlich vertraut.

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