Wann immer Privatanleger heute auf Menschen treffen, die ihnen vernünftige Ratschläge in Geldfragen erteilen wollen, fällt irgendwann eine spezielle Kombination aus drei Buchstaben: ETF. Das Kürzel steht für Exchange-Traded Funds, zu Deutsch: börsengehandelte Fonds. Sie vollziehen häufig passiv die Entwicklung ganzer Indizes wie dem Dax nach.
Dem Namen nach sind das also Fonds, die stets genauso über die Börse gehandelt werden können wie andere Wertpapiere auch. Ein Kauf bei der emittierenden Fondsgesellschaft ist nicht vorgesehen. Bei traditionellen Fonds wird einmal täglich der sogenannte Nettoinventarwert festgestellt, also der Wert eines Fondsanteils, der sich aus den Schlusskursen der enthaltenen Wertpapiere ergibt. So errechnen sich die Preise, zu denen der Fonds ge- oder verkauft wird.
Auch bei ETFs spielt der Nettoinventarwert (auf Englisch: Net Asset Value, kurz NAV) eine Rolle, um den Kurs zu bestimmen. Nur passiert das nicht einmal am Tag, sondern ständig. Dabei kann vorkommen, dass sich der Preis des Fonds von seinem NAV entfernt. Händler zahlen mitunter also mehr oder weniger für Fondsanteile, als sie gemäß dem Inventarwert kosten sollten, weil dieser Mechanismus nicht immer perfekt funktioniert.
So entstehen neue ETF-Anteile
Um ihn zu verstehen, muss man den Entstehungsprozess neuer ETF-Anteile betrachten. Wenn eine Fondsgesellschaft einen neuen ETF, beispielsweise auf den Dow-Jones-Index, auflegen möchte, wendet sie sich in der Regel an ein Partnerunternehmen, das fachsprachlich als "Authorized Participant", kurz: AP, bezeichnet wird und oft ein großer institutioneller Investor ist. In jedem Fall muss dieser Partner problemlos und schnell große Summen am Markt bewegen können. Er kauft nun für den ETF Aktien aus dem Dow Jones gemäß ihrer Gewichtung im Index und tauscht sie anschließend beim Fondsanbieter gegen Anteile am Fonds ein.
Dafür erhält er sogenannte Creation Units, in der Regel Pakete zu 50 000 Anteilen. Abhängig von der Menge der gelieferten Aktien erhält der Investor den exakten Gegenwert in Fondsanteilen, berechnet auf Basis des aktuellen NAV. Die kann er dann an andere Anleger weiterreichen. Das System funktioniert aber auch umgekehrt: Ein AP kann ETF-Anteile von den Anlegern aufkaufen, daraus erneut Creation Units formen und diese bei der Fondsgesellschaft wieder gegen ein entsprechendes Aktienpaket eintauschen.
Worauf Sie achten müssen
Dieser sogenannte Schöpfungs- und Tilgungsprozess ist schwierig zu durchschauen aber entscheidend, um ETFs zu verstehen. Von ihm hängt ab, ob die Wertentwicklung des ETFs jener des Index entspricht. Denn wenn viele Anleger auf einmal einen ETF verkaufen wollen, kommt es vor, dass der Marktpreis unter dem NAV liegt. Der AP erkennt das, kauft ausstehende Anteile auf, tauscht sie gegen Aktien ein und sorgt so dafür, dass der ETF-Preis sich wieder dem NAV annähert. Umgekehrt kann bei starker Nachfrage nach einem bestimmten ETF dessen Preis über seinem Wert liegen. Dann kauft der AP zusätzliche Aktien, tauscht sie gegen neue Fondsanteile ein und bedient damit die Nachfrage. Wer deutlich mehr Anteile kaufen will, als gerade gehandelt werden, ist damit nicht darauf angewiesen, dass ein anderer Händler gerade genau diese Menge verkauft.
Darin liegt auch ein Teil der Erklärung, warum ETFs im Vergleich zu aktiven Fonds so günstig sind und Anleger meist deutlich weniger als ein Prozent an jährlichen Gebühren auf ihre Anteile zahlen müssen: Fast der gesamte Wertpapierhandel findet schließlich bei den Partnerunternehmen statt, den ETF-Gesellschaften selbst entstehen dagegen kaum Transaktionskosten.