Herbert Maier hat auch mal einen anderen Job ausprobiert. An der Maschine, in einer Fabrik für Autoteile. Aber das war nichts für ihn. Obwohl es sogar besser bezahlt war als die Gastronomie, in der er jetzt mehr als 20 Jahren tätig war. "Ich mag es, mit Menschen zu arbeiten", erklärt der Mann Anfang 50. Und schon redet er darüber, was aus seiner Sicht dafür getan werden muss, dass Restaurantgäste wiederkommen. Freundlichkeit, Schnelligkeit, Sauberkeit, ein schönes Ambiente. "Ich liebe meine Arbeit", sagt er.
Wer ihm so zuhört, vergisst glatt, dass Herbert Maier gerade Beziehungskummer hat mit seinem Beruf. Er möchte darüber nur reden, wenn er anonym bleibt. Nach gesundheitlichen Problemen wollte er von seinem Chef in der Restaurantkette ein paar günstigere Schichten. Als der ihm das abschlug, kam bei Maier der ganze Ärger darüber hoch, dass die Bedingungen aus seiner Sicht immer schlechter werden. Da ist der Zuschlag von 300 Euro im Monat, den der Chef ihm verweigert, obwohl er ihm nach einer Fortbildung zusteht. Da sind unbezahlte Überstunden. Und Stress wegen Personalmangels.
Ein Einzelfall? Vielleicht. Unveröffentlichte Zahlen der Bundesregierung deuten allerdings auf einen merkwürdigen Widerspruch im Hotel- und Gastgewerbe mit seinen mehr als zwei Millionen Beschäftigten hin. Einerseits klagen die Firmen über Arbeitskräftemangel. Andererseits bieten sie im Vergleich schlechtere Bedingungen. Während der Bruttolohn bei Dienstleistungen im Schnitt bei 22 Euro die Stunde liegt, sind es bei Restaurants und Hotels 14 Euro. Die Verdienstlücke vergrößerte sich im vergangenen Jahrzehnt.
"Der Chef kündigt Mitarbeitern, die schon länger dabei sind und mehr verdienen"
"Das Hotel- und Gastgewerbe zahlt die niedrigsten Löhne und der Lohnabstand wächst weiter", kritisiert der Bundestagsabgeordnete Stefan Schmidt (Grüne), der die Zahlen anfragte. "Kein Wunder, dass der Arbeitskräftemangel im Hotel- und Gastgewerbe so groß ist wie noch nie." Beschäftigte schrecke die Bezahlung verbunden mit regelmäßigen Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdiensten ab. Offiziell sind 40 000 Vakanzen gemeldet, fast doppelt so viel wie vor zehn Jahren.
Der Branchenverband Dehoga bestätigt Arbeitskräftemangel, widerspricht aber der Erklärung, das liege an unterdurchschnittlicher Bezahlung. "Da sucht sich jemand für seine politische Meinung Zahlen zusammen", sagt Geschäftsführerin Sandra Warden. "Die Tariflöhne sind in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich gestiegen. Da müssen wir uns nicht verstecken. Es gibt attraktive Zuschläge für Abend- oder Wochenendarbeit, auch Trinkgelder sind oft attraktiv. Es ist ja nicht so, dass sich niemand für unsere Branche entscheidet. Im Gegenteil: Wir haben deutlich Beschäftigung aufgebaut."
Auf der anderen Seite berichtet etwa die Mitarbeiterin einer Cateringfirma von zunehmendem Druck, Personalmangel durch Mehrarbeit auszugleichen. Ihre Kollegen und sie müssten ausbaden, dass der Betrieb für ein Gehalt von 1800 Euro brutto ohne Urlaubs- und Weihnachtsgeld im Wirtschaftsboom keine neuen Mitarbeiter finde. Ihr Betrieb gehört zur Mehrheit in der Branche, die inzwischen keinen Tariflohn mehr zahlen - auch das hat sich verschlechtert.