Paketdienste:Viele Zusteller arbeiten zu miserablen Löhnen

Paketzustellung an Weihnachten

Paketboten sind zu 70 Prozent ungelernte Hilfskräfte.

(Foto: Malte Christians/dpa)
  • Nur 30 Prozent der Beschäftigen in Zustelldiensten haben eine Ausbildung; 70 Prozent sind Hilfskräfte, arbeiten zum Großteil in Teilzeit oder als Minijobber.
  • Mehr als die Hälfte der Aushilfen bleibt unterhalb der Niedriglohnschwelle, erhält also weniger als 10,50 Euro pro Stunde.
  • Tatsächlich dürfte die Lage noch schlechter sein. Denn die Statistik erfasst keine selbständigen oder gar scheinselbständigen Fahrer.

Von Benedikt Müller, Düsseldorf

Stunde um Stunde fahren sie umher, schleppen Pakete bis unters Dach - und nicht selten müssen sie wiederkommen, weil gerade keiner da war: Mehr als 490 000 Menschen arbeiten mittlerweile bei Post- und Zustelldiensten in Deutschland, wie die Bundesagentur für Arbeit nun ausgewertet hat. Vor allem Paketfirmen heuern vor Weihnachten Tausende Beschäftigte zusätzlich an, damit Geschenke rechtzeitig ankommen. Der Boom des Onlinehandels hat viele Arbeitsplätze in der Logistik geschaffen, oftmals allerdings zu jämmerlichen Konditionen.

Nur 30 Prozent der Beschäftigten in der Branche haben eine Ausbildung abgeschlossen, etwa zur Fachkraft für Kurier-, Express- und Postdienste. 70 Prozent sind Hilfskräfte, arbeiten zum Großteil in Teilzeit oder als Minijobber. Das zeigt die Antwort der Arbeitsagentur auf eine Anfrage des Linken-Bundestagsabgeordneten Pascal Meiser. Demnach verdienen Vollzeitaushilfen im Mittel 2044 Euro brutto im Monat. Mehr als die Hälfte von ihnen bleibe unterhalb der Niedriglohnschwelle, erhalte mithin weniger als 10,50 Euro pro Stunde.

"Ich finde es inakzeptabel, dass viele der Beschäftigten für diese harte Arbeit mit Niedriglöhnen abgespeist werden", sagt Meiser. Zwar arbeiten gelernte Kräfte zu besseren Bedingungen: Zwei Drittel sind vollzeitbeschäftigt und verdienen im Mittel 2601 Euro im Monat. Das sind noch immer 19 Prozent weniger als der Durchschnitt in Deutschland. Tatsächlich dürfte die Lage noch schlechter sein. Denn die Statistik erfasst keine selbständigen oder gar scheinselbständigen Fahrer. "Hinzu kommt eine wachsende Zahl von ausländischen Subunternehmern bei den Paketdienstleistern mit noch schlechteren Löhnen", so Meiser. Auch die Gewerkschaft Verdi beobachtet hierzulande immer mehr Paketfahrer aus Osteuropa.

Tatsächlich lässt etwa DPD fast alle Pakete von Subunternehmern zustellen. Auch bei Hermes arbeiten nur fünf Prozent der Boten direkt bei dem Unternehmen. Einzig die Deutsche Post und UPS lassen den Großteil ihrer Pakete von eigenen Angestellten austragen.

In Zeiten der Rekordbeschäftigung fällt es den Paketdiensten indes immer schwerer, Fahrer zu finden. Sie müssen vielerorts höhere Löhne zahlen. Auch deshalb wollen DPD und Hermes im neuen Jahr das Porto erhöhen. Hermes will Subunternehmer gut genug bezahlen, damit diese allen Boten mindestens 9,50 Euro pro Stunde zahlen können, also etwas mehr als den Mindestlohn von 8,84 Euro.

Gleichwohl betonen die Paketdienste, dass sie ihren Subunternehmern nicht vorschreiben dürfen, wie viel Geld diese den Zustellern genau zahlen. Die Unternehmen würden Verdachtsmomenten nachgehen, etwa wenn Boten angeblich nicht einmal den Mindestlohn erhielten. Verdi weist jedoch darauf hin, dass sich viele ausländische Fahrer ihrer Rechte in Deutschland kaum bewusst seien.

Die Gewerkschaft fordert, der Staat solle stärker kontrollieren, ob die Branche Mindestlohn- und Arbeitszeitgesetze einhält. Zudem regt Verdi an, dass Paketdienste selbst dafür haften sollen, dass ihre Subunternehmer etwa die Sozialversicherungsbeiträge für die Boten bezahlen - wie es in Bauwirtschaft und Fleischindustrie üblich ist.

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