Nullwachstum in Frankreich:Paris rutscht in die Sorgenzone

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Frankreichs Wirtschaft wächst nicht mehr - die Nachricht löst neue Ängste aus. Wird Europas zweitgrößte Volkswirtschaft nun von Ratingagenturen runtergestuft? Die Konjunkturerholung in der gesamten Eurozone wäre in Gefahr, und der eilige Krisengipfel von Präsident Sarkozy verstärkt die Sorgen noch.

Die französische Wirtschaft stagniert - und stellt damit zunehmend die Erholung der gesamten Euro-Zone in Frage. Das Bruttoinlandsprodukt der zweitgrößten Volkswirtschaft im Währungsraum wuchs überraschend im zweiten Quartal nicht mehr, wie das Statistikamt am Freitag mitteilte. Noch zu Jahresanfang hatte es mit 0,9 Prozent das stärkste Wachstum seit rund fünf Jahren gegeben. Damit steigt der Druck auf die Regierung in Paris, mit Sparpaketen den hohen Schuldenberg abzubauen.

Staatspräsident Nicolas Sarkozy ist eine Schlüsselfigur für die Lösung der europäischen Schuldenkrise. Ohne ein starkes Frankreich ist eine Entspannung nicht zu erwarten. (Foto: Bloomberg)

Die Finanzmärkte hegen mittlerweile Zweifel, ob Frankreich sein "AAA"-Top-Rating als Schuldner behalten wird. Neben Deutschland galt das Schwergewicht Frankreich bisher als entscheidender Wachstumsmotor im Euro-Raum. Denn viele hoch verschuldete Staaten wie Italien, Spanien, Portugal und Griechenland kommen nur mühsam aus der Krise heraus oder stecken weiter mitten in der Rezession.

Präsident Nicolas Sarkozy hatte seine Minister deshalb bereits am Mittwoch zu einem Krisentreffen nach Paris beordert. Die Botschaft: Das Land werde mit aller Kraft sparen. Und alles tun, damit Frankreich nicht wie die USA von den Ratingagenturen in seiner Kreditwürdigkeit herabgestuft wird. Doch kaum saß der Präsident wieder im Flieger Richtung Cap Nègre am Mittelmeer, nahmen die Anleger Frankreich erst richtig unter Beschuss - angesichts der Turbulenzen verbot die Börsenaufsicht dann am Donnerstagabend Leerverkäufe von Bankaktien für eine Dauer von 15 Tagen.

Mit seinem Not-Treffen hatte Sarkozy die Zweifel an der Krisenfestigkeit des Landes eher bestärkt. Nun fragten sich nicht mehr nur Investoren, sondern Sparer in ganz Europa: Was passiert, wenn eine der Säulen all der Rettungsprogramme für den Euro selbst ins Wanken gerät?

Die Signale sind ernüchternd: Der Privatkonsum sank zwischen April und Juni deutlich um 0,7 Prozent. Für die gesamte Wirtschaft hatten Fachleute für diesen Zeitraum ein Anziehen von 0,3 Prozent erwartet. Frankreichs langfristige Wachstumsperspektiven seien zwar intakt, betonte Analyst Christian Schulz von der Berenberg Bank. Allerdings dürfte die Verschärfung der Schuldenkrise in Europa für zusätzlichen Druck sorgen. "Wir gehen davon aus, dass die Wachstumsraten für den Rest des Jahres niedrig bleiben." Die Regierung dürfte ihr Ziel, das Haushaltsdefizit 2011 auf unter sechs Prozent zu drücken, verfehlen. Dies könne die Nervosität an den Märkten erhöhen.

Frankreichs Finanzminister Francois Baroin hingegen betonte, trotz der schwachen Wirtschafts-Daten halte die Regierung an ihren Zielen für das Wachstum und den Defizitabbau fest. Die Konsolidierungspläne basieren auf einer Wachstumsprognose von 2,0 Prozent für 2011. Frankreichs Banken gehörten zu den solidesten weltweit, sagte Baroin dem Radiosender RTL.

Am Mittwoch hatten allerdings Gerüchte über angebliche Zahlungsschwierigkeiten der französischen Großbank Société Générale die Runde gemacht und damit eine neue Verkaufslawine an den europäischen Aktienmärkten losgetreten. Das eilig einberufene Krisentreffen Sarkozys hatte die Sorgen um die Großbank zusätzlich befeuert. Finanzminister Baroin betonte, auf der Sitzung sei "nicht einmal das Wort Société Générale gefallen". Und Frankreichs Notenbankchef Christian Noyer unterstrich die Solidität der französischen Institute. Doch die Zweifel bleiben: Die Institute haben allein in Italien knapp 70 Milliarden Euro angelegt. Der Branchenprimus BNP Paribas übernahm dort vor fünf Jahren mit BNL einen Marktführer. Die Société Générale und der Crédit Agricole kauften ihrerseits in Griechenland zu.

Die französische Aufsicht AMF kündigte infolge des Kurssturzes schließlich ein 15-tägiges Verbot von Leerverkäufen für die Aktien von elf Banken und Versicherern an. Auch Italien, Spanien und Belgien wollen die Marktturbulenzen durch das vorläufige Verbot hochspekulativer Börsengeschäfte eindämmen.

Finanzminister Baroin kündigte zudem baldige deutsch-französische Vorschläge für ein besseres Funktionieren der Eurozone an. Die Anleger könnten darauf zählen, dass beide Länder bis Ende des Sommers eine entsprechende Initiative erarbeiten werden. Die Investoren sollten keine Zweifel an den Fähigkeiten beider Länder haben, Wege für eine effektivere Führung und Koordination des Währungsraumes zu entwickeln. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy wollen am kommenden Dienstag in Paris über die aktuelle Lage in der Eurozone beraten.

© SZ vom 12.08.2011 mit Material von Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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