Finanzmärkte:"Die Lage ist bitter-süß"

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In ihrem Finanzstabilitätsbericht warnt die EZB vor hohen Insolvenzquoten in einigen Staaten. Auch an Immobilienmärkten gibt es Preisübertreibungen.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die Europäische Zentralbank befürchtet, dass die wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Pandemie in den 19 Euro-Staaten sehr unterschiedlich ausfallen wird. "Die Lage ist bitter-süß", sagte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos bei der Präsentation des Finanzstabilitätsberichts am Mittwoch. "In einigen Ländern treten die Risiken geballt auf, dort kann man deutlich höhere Insolvenzquoten als vor der Pandemie nicht auszuschließen." Der Spanier verwies vor allem auf Staaten, die stark vom Tourismus abhängig sind. Dort drohten Kreditausfälle, was wiederum den Bankensektor belasten würde. Die Profitabilität der Banken bleibe schwach: Womöglich drohten, wenn die Sicherheiten der Geldhäuser an Wert verlören, mit zeitlicher Verzögerung Kreditausfälle. Die Banken müssten sich daher verstärkt auf Wertberichtigungsbedarf ihrer Darlehen einstellen. Dazu sollten die vorhandenen Kapitalpuffer vollständig genutzt werden.

Durch die in der Pandemie ergriffenen Stützungsmaßnahmen sind die Zahl der Firmeninsolvenzen auf historische Tiefstände gefallen, so der Bericht. In Deutschland beispielsweise wurde die Insolvenzantragspflicht etwa ein Jahr lang ausgesetzt. Doch wenn Hilfen nach und nach entzogen würden, seien "deutlich höhere" Pleitezahlen nicht auszuschließen. Die EZB erwähnte in ihrem Bericht auch sogenannte Zombie-Firmen. Hier handelt es sich um Unternehmen, die ohne die aktuellen Hilfs- und Stützungsmaßnahmen der Zentralbank und Regierungen nicht überleben könnten. Es deute sich an, dass "Zombie-Firmen vorübergehend von Kreditprogrammen und akkommodierenden Kreditbedingungen profitiert haben, wenn auch nur in bescheidenem Ausmaß", schreibt die EZB.

Banken erhalten unbegrenzt Kredit

Die Notenbank stützt Europas Wirtschaft mit einem Anleihekaufprogramm im Wert von 1,85 Billionen Euro, darüber hinaus erhalten die Banken unbegrenzt Kredit zu rekordgünstigen Konditionen. Auch die EU sowie die einzelnen Euro-Staaten haben Finanzhilfen in Billionenhöhe bereits gegeben oder in Aussicht gestellt.

Darüber hinaus warnte die EZB in ihrem Bericht vor Gefahren an den Finanzmärkten, wo die Kurse weiter stark steigen. Investmentfonds haben demnach viel Geld in Unternehmensanleihen gesteckt, deren Bonität schlecht ist, was Ausfallrisiken birgt. Auch an den Immobilienmärkten müsse man Sorge haben vor einer Überbewertung und abrupten Korrekturen.

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