Sparen mit dem Handy:Das Geld in die eigene Hand nehmen

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Illustration: Bernd Schifferdecker (Foto: N/A)

Viele Apps vermitteln ihren Nutzern den Eindruck, dass sie sich um ihre Finanzen keine Gedanken mehr machen müssen. Das Gegenteil ist aber richtig.

Kommentar von Simon Groß

Was waren das noch für Zeiten, als die finanzielle Vorsorge daraus bestand, das eigene Kindersparbuch zu befüllen. Kleine und größere Beträge der Eltern und Großeltern parkte man darauf, die damals vergleichsweise üppigen Zinsen schienen den Rest zu erledigen. Dabei nagte die Inflation schon damals am Spartopf, aber zumindest sah es auf dem Papier so aus, als würde das Geld ganz von alleine einfach immer mehr.

Wer dann Jahre später bei seiner Bank aus den Kindertagen vorbeischaut, um etwas mehr Geld anzulegen, der hat mitunter ein ähnliches Problem: Berater schlagen Bausparverträge vor, doch die sind wegen nicht-existenter Zinsen in etwa so rentabel wie ein Sparbuch und recht unsinnig für denjenigen, der nicht bauen wird.

Es ist insofern ein Segen, dass man sich heutzutage nicht mehr auf den Rat einzelner Berater verlassen muss: Die Angebote verschiedener Banken lassen sich heutzutage mit nur wenigen Klicks leicht vergleichen. Hinzukommen Dutzende Apps, mit denen sich die eigenen Finanzen kontrollieren, kategorisieren und organisieren lassen. Und mit den sogenannten Smartbrokern ist die Börse sogar in die Hosentasche gewandert: Aktien und andere Wertpapiere können rund um die Uhr gehandelt werden.

Manche Anbieter gehen noch weiter, schlagen ihren Nutzern gleich vorgefertigte Portfolios vor, je nach deren Risikobereitschaft. Die Botschaft: Um Finanzen braucht man sich keine Gedanken mehr machen, man hat ja die clevere App. Die teils quietschbunten Designs verstärken den Eindruck, der Umgang mit Finanzen sei ein Kinderspiel. Tatsächlich ist das bei vielen Apps auch so, rein technisch gesehen. Doch genau darin liegt eine Gefahr - eine größere als die Nullzinsen der traditionellen Bankangebote.

Um die richtigen Apps auswählen und sinnvoll nutzen zu können, braucht es ein gewisses Maß an Wissen. Wer sich das nicht aneignet, muss sich blind auf die Ratschläge der digitalen Helfer verlassen - und steht damit nicht zwangsläufig besser da als ein ahnungsloser Bankkunde, der seine finanzielle Vorsorge in die Hände irgendeines Beraters legt.

Das muss nicht zwangsläufig gravierende Folgen haben. Zu ungünstigen Konditionen zu sparen ist immer noch besser als gar nicht zu sparen. Zum Beispiel mit einem sogenannten Robo-Advisor, der Kunden automatisch ein Portfolio aus Aktien, Anleihen und Rohstoffen zusammenstellt. Diese vermeintlich klugen Algorithmen bringen einem Anleger übrigens im Schnitt weniger Rendite als das breit gestreute ausgewogenen - und oft auch kostengünstigere - Portfolio.

Keine App der Welt kann einem abnehmen, sich über Risiken und Chancen zu informieren

Aber es kann eben auch richtig daneben gehen, wenn Anleger sich überschätzen und ihr Geld unbedacht per App in riskante Papiere stecken. Sogenannte Neobroker suggerieren, dass jede und jeder über Nacht zum Börsenexperten werden kann. Sie locken mit der Möglichkeit, risikoreich in Kryptowährungen und Derivate zu investieren und damit schnell hohe Gewinne machen zu können.

Doch Geldanlage ist kein Spiel. Es muss ja noch nicht gleich die Existenz auf dem Spiel stehen, aber bei vielen doch die private Altersvorsorge. Daher sollte sich jede und jeder in die Lage versetzen, seriöse von unseriösen Anlagestrategien trennen und die passenden Angebote für sich auszuwählen zu können. Die schlechte Nachricht ist: Keine App der Welt kann einem das abnehmen.

Die gute Nachricht ist: So schwer ist das gar nicht. Mittlerweile gibt es auch online etliche leicht zugängliche Informationsquellen, die den Finanz-Fachjargon in einfaches Deutsch übersetzen und komplexe Zusammenhänge anschaulich erklären. Natürlich ist auch hier Vorsicht geboten: nicht jeder selbsternannte Experte ist auch einer - man denke nur an die sogenannten Crashpropheten, die mit dreister Vehemenz vom kurz bevorstehenden Zusammensturz des Finanzsystems schwafeln, nur um im nächsten Moment ihre eigenen vermeintlich sicheren, aber vollkommen überteuerten Anlageprodukte zu bewerben.

Es gilt wie bei jeder Recherche, herauszufinden: Wer hat welche Motivation einen zu informieren? Wer bekommt womöglich eine Provision für seine Tipps - oder ist vergleichsweise unabhängig? Ob Tageszeitungen, Finanztest von der Stiftung Warentest oder auch noch der Bankberater: Am Ende ist es ein bisschen wie bei der Geldanlage selbst: Je breiter man sich aufstellt, desto sicherer ist man.

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