Filmindustrie:Hohe Steuern = bessere Filme

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Mit dem Film "Good Night, and Good Luck" verdiente George Clooney als Drehbuchautor, Regisseur und Schauspieler 2005 gerade mal drei Dollar. (Foto: United Archives/kpa Publicity/imago images)

Wenn Reiche in Hollywood hohe Abgaben zahlen mussten, war das für Kinogänger oft ein Segen. Denn den Filmstars war dann Qualität wichtiger als ein exorbitantes Gehalt.

Von Marie Vandenhirtz

Anscheinend können hohe Steuern für bessere Filme sorgen. Wie das gehen soll? Es hängt mit den Gagen der Stars zusammen. Die Gehälter in Hollywood sind hoch: Schauspieler Dwayne Johnson verdiente 2020 etwa 87,5 Millionen Dollar, Ryan Reynolds 71,5 Millionen und Jennifer Lopez 47,5 Millionen, schätzt das Forbes Magazin. Und genauso unvorstellbar hoch wie diese Summen, sind die Steuern, die die Filmstars zahlen müssen. Mit ihren Gehältern gehören sie potenziell zur höchsten Steuerklasse. Die wollen die Schauspielerinnen und Schauspieler aber möglichst vermeiden. Deswegen setzen sie klare Prioritäten, wenn sie entscheiden, bei welchen Filmen sie mitspielen wollen.

Dabei stellt sich ein Muster heraus: Zusagen bekommen vor allem qualitativ hochwertige Filme, die zwar schlechter bezahlt werden, das Prestige der Schauspieler aber steigern können. Lukrative Blockbuster betrachten die Stars dagegen offenbar eher als ihren finanziellen Ruin. Das zeigt ein Papier zweier Ökonomen der Louisiana State University, mit dem die Forscherinnen und Forscher die Besteuerung von Hollywood-Stars zur Diskussion stellen.

Eigentlich wollten die Autoren herausfinden, ob hohe Steuern für Reiche deren Arbeitsanreiz verringern. Dafür analysierten sie Daten zum Arbeitsangebot von 1927 bis 2014 und kombinierten das mit Daten zu Steuersätzen in hohen Steuerklassen. Ob ein Film besser oder schlechter ist, machten die Forscher an Kritiken, Nutzerbewertungen und einer Liste der "wichtigen klassischen und zeitgenössischen Filmen" der Criterion Collection fest. Die Daten zu Schauspielern sind besonders gut dokumentiert. Auf der Plattform Internet Movie Database findet man mittlerweile jeden Film und jede Gage. Filmstars gehören zu den bestverdienenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Änderungen der Spitzensteuersätze merken sie sofort.

"Gut verdienende Künstler bevorzugen Qualität."

Das Ergebnis der Studie war unerwartet: Höhere Steuern sorgten tendenziell dafür, dass es bessere Filme gab. "Dieses Muster deutet darauf hin, dass hohe Steuern dazu führen, dass gut verdienende Künstlerinnen und Künstler Qualität bevorzugen", schreiben die Autoren. Filmstars scheinen die hohen Steuern als Anreiz zu sehen, um sich einen Ruf als "Qualitäts"-Künstler zu erarbeiten. Doch auch bei Schauspielern mit Nebenrollen, die weniger verdienen, zeigte sich das Muster.

Das deckt sich mit Geschichten, die Hollywood-Stars schon lange erzählen. "Als ich in der Filmbranche tätig war, erreichte ich jedes Jahr den Punkt, an dem ich nach dem zweiten Film die 90-Prozent-Grenze (damaliger Spitzensteuersatz, d. Red.) erreicht hatte, so dass ich in diesem Jahr keine weiteren Filme mehr machen wollte. Und das war nicht nur bei mir so", zitieren die Forscher den ehemaligen amerikanischen Präsidenten und Schauspieler Ronald Reagan.

George Clooney hat 2005 einen anderen Weg gewählt. Mit dem Film "Good Night, and Good Luck" verdiente er gerade mal drei Dollar. Dabei hatte er das Drehbuch geschrieben, Regie geführt und die Hauptrolle gespielt. Die Arbeit machte sich bezahlt, der Film wurde später für sechs Oscars nominiert. Schauspieler Jonah Hill folgte seinem Beispiel. Für seine Rolle in "The Wolf of Wall Street" des oscarprämierten Regisseurs Martin Scorsese akzeptierte Hill den Mindestlohn der amerikanischen Gewerkschaft für Film- und TV-Schauspieler: 60 000 Dollar. Der Film wurde in fünf Kategorien für einen Oscar nominiert, er selbst in der Kategorie "Bester Nebendarsteller".

Ob der Zusammenhang zwischen preisgekrönten Filmen und geringen Gagen auch wirklich auf die Steuern zurückzuführen ist, kann das Forschungspapier nicht beantworten. Doch bei diesen Gehältern kann man es sich wohl erlauben, häufig in den Filmen mitzuspielen, die einem gutes Ansehen verschaffen und sich sonst von der Leinwand eher fernzuhalten. Schließlich fördert ein seltener Auftritt den Starkult noch viel mehr.

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