Facebook verspricht, deutschen Staatsanwälten und Polizisten ab sofort besser bei der Suche nach Verfassern strafbarer Beiträge zu helfen. Nach SZ-Informationen hat der Konzern dem Bundesinnenministerium an diesem Mittwoch zugesagt, auf Anfragen im Bereich Hasskriminalität schneller als bisher zu reagieren.
Dazu will der Konzern eigenen Angaben zufolge seine internen Prozesse beim Umgang mit solchen Auskunftsersuchen ändern. Anfragen, die sich bisher über mehrere Monate hinzogen, sollen in Zukunft innerhalb weniger Tage beantwortet werden. So sollen Facebook-Nutzer, die volksverhetzende Inhalte gepostet, den Holocaust geleugnet oder Hakenkreuze veröffentlicht haben, schneller identifiziert werden. Bisher konnten sie darauf hoffen, dass Staatsanwälte ihre tatsächliche Adresse nicht mehr herausfinden können, weil die Daten veraltet waren, wenn die Ermittler dann endlich eine Antwort aus den USA bekamen.
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Deutsche Ermittler mussten bisher viel Geduld mitbringen, wenn sie wissen wollten, wie zum Beispiel der bürgerliche Name eines Nutzers lautet, der auf Facebook geschrieben hat, dass es den Holocaust nicht gegeben habe. Denn wenn sie bei Facebook nach den Daten des Nutzers fragten, gab der Konzern bisher meist keine direkte Auskunft, sondern verwies auf das sogenannte MLAT-Verfahren. MLAT steht für Mutual Legal Assistance Treaty (Gegenseitiges Rechtshilfeabkommen), die den internationalen Austausch von Daten in Ermittlungsverfahren regeln.
"Zukünftig werden wir die deutschen Strafverfolgungsbehörden bei Auskunftsersuchen zu Hasskriminalität nicht länger an das internationale Rechtshilfeverfahren MLAT verweisen", erklärte eine Facebook-Sprecherin. Das Innenministerium bestätigte die Ankündigung. "Wir begrüßen diesen Schritt, denn er kann die Arbeit der deutschen Sicherheitsbehörden erleichtern", erklärte ein Sprecher.
In der Praxis bedeutet das MLAT-Verfahren für deutsche Ermittler bislang, dass sie ihre Anfrage an eine US-amerikanische Behörde richten müssen. Die entscheidet über die Anfrage und leitet sie erst dann an die Facebook-Zentrale im Silicon Valley weiter. Manche Ermittler, die regelmäßig Anfragen an Facebook stellen, müssen derzeit im Schnitt sechs Monate auf eine Antwort warten.
Bei den Daten, die Facebook an Ermittler weitergibt, handelt es sich nicht um Bilder, Videos oder Nachrichten eines Nutzers, sondern um sogenannte Bestandsdaten, die verraten, wer hinter einem Account steckt. Dazu zählen zum Beispiel E-Mail-Adresse, Telefonnummern oder IP-Adresse. Die IP-Adresse ist eine individuelle Nummer, mit der jeder Computeranschluss eindeutig einer Person und einer Adresse zugeordnet werden kann. Dazu fragen Ermittler bei Internet-Providern wie der Telekom oder O2 an, zu welchem Namen eine IP-Adresse gehört. Doch die Provider speichern diese Daten oft nur wenige Tage. Daher ist eine schnelle Datenauskunft für deutsche Ermittler so wichtig. In der Vergangenheit konnte es vorkommen, dass eine IP-Adresse, die nach mehreren Wochen über das MLAT-Verfahren nach Deutschland übermittelt wurde, nicht mehr aktuell war. Die Täter konnten so nicht mehr identifiziert werden.
Regelung aus Frankreich als Inspiration
Bei MLAT-Anfragen kann es zudem passieren, dass US-Behörden das Anliegen deutscher Ermittler abweisen, wenn sie befinden, dass der Fall nach US-Recht nicht strafbar ist. Anders als in Deutschland gibt es in den USA beispielsweise kein Gesetz, das Holocaust-Leugnung unter Strafe stellt. Nach dem neuen Vorgehen, das Facebook jetzt angekündigt hat, wäre dies nicht mehr möglich. Künftig sollen Anfragen deutscher Behörden zu Hasskriminalität direkt von den hausinternen Juristen des Konzerns geprüft werden. Entscheiden diese, dass die Anfrage den formalen Anforderungen und deutschem Recht entspricht, gibt Facebook die Daten heraus. Gestellt werden die Anfragen über ein spezielles Portal, das allen deutschen Ermittlern offensteht. Hier können sowohl Bundeskriminalamt als auch lokale Polizeidienststellen oder Staatsanwaltschaften Auskunftsersuchen einreichen. Facebook verspricht, von jetzt an auf Anfragen innerhalb weniger Tage zu antworten - zumindest in der Regel. In komplexen Fällen, die weniger dringend sind, könne eine Antwort allerdings zwei Wochen dauern, heißt es aus dem Unternehmen.
Der neue Umgang mit Hasskriminalität durch Facebook ähnelt einem Vorgehen, dass der Konzern seit Juni bereits in Frankreich umsetzt. Nach intensiven Gesprächen mit der Regierung in Paris gibt das Unternehmen dort Daten von Verdächtigen in Hate-Speech-Fällen direkt an Ermittler weiter. In Deutschland könne es allerdings noch einige Tage dauern, bis das Prozedere intern vollständig umgesetzt werde, heißt es aus dem Unternehmen.
Parallel zu Facebooks Zusage hat das Innenministerium an diesem Mittwoch mehrere Maßnahmen gegen Hasskriminalität beschlossen. Dazu gehört auch, dass soziale Netzwerke wie Facebook verpflichtet werden sollen, strafbare Inhalte an eine zentrale Stelle beim BKA zu melden, wenn sie diese Inhalte nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) löschen müssen. Auch Volksverhetzung und andere Hasskriminalität fällt unter diese Meldepflicht, die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht bereits vor einigen Wochen vorgeschlagen hatte.