Geldpolitik:EZB wendet Milliardenverlust ab

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Dunkle Wolken ziehen kurz nach Sonnenuntergang über die Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB). (Foto: Boris Roessler/picture alliance/dpa)

Die Notenbank kann ihr Minus nur dank älterer Reserven ausgleichen. Die Zinswende erzeugt nun hohe Kosten, die Last trägt der Steuerzahler.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die Europäische Zentralbank verdient kein Geld mehr. Das vergangene Jahr 2022 schlossen die Währungshüter mit einer Null ab. Ein Milliardenverlust konnte nur dadurch abgewendet werden, dass die Buchhalter 1,6 Milliarden Euro aus den in den vergangenen Jahren eigens dafür gebildeten Rückstellungen abgezweigt haben, wie die EZB am Donnerstag mitteilte. Im Jahr 2019 hatte die Notenbank noch ein Plus von 2,3 Milliarden Euro verbucht, im Jahr 2021 waren es mit 192 Millionen Euro bereits deutlich weniger. Das letzte Verlustjahr war 2004.

Nun ist es nicht die Hauptaufgabe einer Notenbank, Gewinne zu erwirtschaften; der Kampf gegen die Inflation steht im Vordergrund. Doch gerade die deshalb eingeleiteten Leitzinserhöhungen sind ein Hauptgrund für das Ende einer langen Phase mit vielen Gewinnen. Die höheren Zinsen führten zu Wertberichtigungen in den eigenen Fonds und auch bei den Dollarwertpapieren. Darüber hinaus musste die EZB im Zusammenhang mit den Anleihekäufen, die meistens von den nationalen Zentralbanken abgewickelt wurden, im Rahmen der Target2-Buchhaltung nun höhere Zinsen bezahlen.

Das Ende einer Dekade lockerer Geldpolitik mit Nullzinsen und Anleihekäufen im Wert von Billionen Euro erzeugt jetzt Kosten. Davon betroffen sind alle Notenbanken der Eurozone. Die höheren Leitzinsen führen dazu, dass auch die Bundesbank den Kontoguthaben von Geschäftsbanken diesen höheren Zinssatz gutschreiben muss. Diese Kosten können durch die Erträge aus den Anleihen nicht mehr ausgeglichen werden. Zur Erinnerung: Früher mussten Banken "Strafzinsen" bezahlen, was den Gewinn der Notenbanken steigerte. Doch diese Zeiten sind vorbei. Die Währungshüter dürften deshalb mittelfristig kein Geld mehr an ihre nationalen Finanzministerien überweisen. Die Steuerzahler verlieren Geld. Der Moment könnte ungünstiger für den Ruf der EZB nicht sein, werfen viele Menschen ihr doch vor, die Bekämpfung der Inflation zu lange hinausgezögert zu haben.

Für Zentralbanken sind Verluste kein Drama

Während Verluste bei Geschäftsbanken und Unternehmen als Katastrophe gelten, sieht man das bei den Währungshütern entspannter. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die Zentralbank der Zentralbanken, hat in einem Fachaufsatz Entwarnung gegeben. "Es ist nicht die Aufgabe von Zentralbanken für die Regierungen Einkünfte zu erwirtschaften", so die Experten. Etwaige Verluste würden die Notenbank bei ihrer Mandatserfüllung nicht kompromittieren. Und das Mandat laute: "Stabile Preise und Finanzstabilität". Allerdings räumten die BIZ-Experten ein, dass es eine Notenbank mit den Verlusten auch nicht übertreiben dürfe.

Die EZB gehört den 20 Notenbanken der Eurozone, und die "Aktionäre" der nationalen Notenbanker sind die Steuerzahler. Am Ende müssten sie geradestehen. Noch haben die EZB und die Bundesbank milliardenhohe Puffer, um die kommenden Verluste ausgleichen. Doch der niederländische Notenbankchef Klaas Knot warnte laut der Nachrichtenagentur Bloomberg seine Regierung: "Die auflaufenden Verluste werden beträchtlich sein. Im schlimmsten Fall könnte eine Kapitalhilfe vom Steuerzahler nötig werden."

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