Banken:Dagegen ist Dagobert Ducks Geldspeicher ein Witz

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Um mehr als 34 Milliarden Euro wuchs der Bargeldbestand deutscher Banken in den vergangenen acht Jahren. (Foto: imago)

Deutsche und österreichische Banken haben in Europa mit Abstand am meisten Bargeld gehortet. Damit blieben sie vom Strafzins verschont. Von ihren Kunden verlangt haben sie ihn trotzdem.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Viele deutsche Bürger lieben Bargeld. Es gibt ihnen ein Gefühl von Freiheit und zugleich Sicherheit. Anders als in Skandinavien bezahlen hierzulande Kunden ihre Rechnungen häufig in bar. Gleichzeitig bunkern Menschen kleine Bündel von 100er-, 200er- oder gar 500er-Scheinen zu Hause - für den Notfall, sollte die Bank pleitegehen und der Geldautomat gesperrt sein.

Die Deutschen teilen diese über Generationen gewachsene und in allen Gesellschaftsschichten verbreitete Verhaltensweise mit den Österreichern: Auch im Nachbarland gilt Bares als Wahres. Aus diesem Grund ist die von der EU geplante Bargeldobergrenze in Höhe von 10 000 Euro in beiden Staaten sehr unbeliebt. Diese schreibt vor, dass man Waren und Dienstleistungen nur bis maximal in dieser Höhe in Cash bezahlen darf. Die Aversion ist bemerkenswert, gibt es beispielsweise in Italien und Frankreich doch schon länger eine Bargeldobergrenze von 1000 Euro.

Die starke kulturelle Verankerung des Bargelds in Deutschland und Österreich färbt auch auf den Bankensektor ab. Das zeigte sich in den Jahren 2014 bis 2022, einer Periode, in der die Europäische Zentralbank mit einem Negativzins die Einlagen der Banken "bestrafte", wie es volkstümlich genannt wird. Hiesige Kreditinstitute reagierten darauf genau so, wie es auch manche Bürger taten: Sie hoben Guthaben von ihrem Konto ab und bunkerten das Cash im Tresor. Die Privatkunden nahmen dabei das Risiko eines Diebstahls zu Hause in Kauf, die Kreditinstitute ihrerseits trugen die Kosten für Transport, Lagerung und Versicherung.

Bei den deutschen Banken wuchs der Cash-Bestand von Beginn der Negativzinszeit 2014 bis zum Sommer 2022 um stolze 34 Milliarden Euro. In Österreich waren es zwölf Milliarden Euro. Das entspricht mehr als 90 Prozent der gesamten Bargeldzuwächse in der Euro-Zone, belegen Daten von Barkow Consulting.

Die deutschen und österreichischen Banken haben das Bargeld natürlich nur aus einem Grund gebunkert: Sie wollten den Strafzins sparen. So weit, so nachvollziehbar. Aber warum haben das Bankensektoren in anderen Staaten der Euro-Zone nicht getan und auf Geld verzichtet?

"Es ist kurios, aber vielleicht lag es daran, dass Deutschland und Österreich aufgrund des starken Bürgerinteresses an Bargeld die notwendige Infrastruktur besitzen, um Bargeld einzulagern, vor allem in Form von genügend Tresoren", sagt Peter Barkow, Geschäftsführer von Barkow Consulting. In anderen Staaten hätten die Banken vielleicht erst sichere Lagerstätten bauen müssen, was mehr gekostet hätte, als die Einsparung des Strafzinses gebracht hätte. Aber genau weiß man es nicht, zumal die Branche sehr schweigsam ist.

Das Thema ist brisant, denn viele hiesige Banken haben den Negativzins auf die Einlagen ihrer Privatkunden umgelegt, gerne gepaart mit dem Hinweis, dass die EZB mit ihrer Negativzinspolitik daran schuld sei. Gleichzeitig hoben die Kreditinstitute von ihren Konten bei der EZB jedoch Milliarden ab, um genau diesen Strafzins einzusparen.

Doch nun kommt die Trendwende. Im Juli hat die EZB den Negativzins abgeschafft. Die Banken bauen ihre Cash-Reserven ab, entsprechend sinkt der Bargeldumlauf. Hintergrund: Die Banken versorgen Privathaushalte, Unternehmen und Versicherungen mit Bargeld, das sie von der Notenbank holen. "Wenn ein Kunde auf seinem Konto Bargeld einzahlt, bleibt der Bargeldumlauf konstant. Erst wenn die Banken dieses Bargeld an die Notenbank zurückgeben, sinkt der Bargeldumlauf", erklärt Barkow. Inzwischen sinkt der Bargeldumlauf so schnell wie seit der Jahrtausendwende nicht mehr. Allein im Juli sei der Bargeldbestand der Banken in Deutschland um 9,5 Milliarden Euro gesunken, so Barkow.

Die deutschen Bürger mögen ihr Bargeld ehren, für die Banken aber reduziert sich ihre Beziehung zum Cash auf eine kühle Kosten-Nutzen-Rechnung.

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