Zehn Milliarden Euro, okay - aber bitte kein Konjunkturpaket
Die Überraschung war groß, als Finanzminister Wolfgang Schäuble Anfang November neue Investitionen ankündigte: Insgesamt zehn Milliarden Euro sollen zwischen 2016 bis 2018 fließen. Das ist nicht viel, die Summe entspricht pro Jahr gerade mal 0,1 Prozent der Wirtschaftsleistung. Aber der Schritt kam doch unerwartet, weil die Bundesregierung bisher stets betont hatte, dass ein ausgeglichener Haushalt wichtiger sei als neue Investitionen. Wie das Geld genau ausgegeben werden soll, ist noch offen. Der Kurswechsel der Bundesregierung wurde im Ausland gelobt. Etwa vom Internationalen Währungsfonds und von der Europäischen Kommission kommen schon länger Aufrufe, dass Deutschland viel mehr investieren muss. Schäuble will das Programm aber nicht als Konjunkturpaket verstanden wissen. Ein solches ist aus seiner Sicht nicht nötig.
Dieser Meinung schließt sich Bundesbank-Präsident Jens Weidmann an. "Ein Konjunkturprogramm für Deutschland macht keinen Sinn", sagte Weidmann auf dem Wirtschaftsgipfel der Süddeutschen Zeitung in Berlin. "Konjunkturelle Strohfeuer sind nicht angemessen." Allerdings seien die öffentlichen Investionen in Deutschland tatsächlich seit einiger Zeit gering. "Hier scheint Luft nach oben zu sein", sagte Weidmann. Aber nicht jedes Investitionsprojekt sei am Ende sein Geld wert.
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Wer von Deutschland fordere, große Milliardensummen in die Wirtschaft zu stecken, liege jedoch falsch. Solche Pakete zielten alleine auf "Ausstrahleffekte auf den Euro-Raum", also darauf, positive Signale an die anderen Länder in der Währungsunion zu senden. Diese Ausstrahleffekte seien aber gering. "Das wird nicht die Importe aus Griechenland nach oben katapultieren. Das ist kein wirklich kluges Konjunkturprogramm."
Von der Rente mit 63 hält Weidmann nichts
Der Bundesbank-Präsident kritisierte zudem die Rente mit 63. "Sie führt dazu, dass Arbeitskräfte ausscheiden, die noch gebraucht werden", sagte Weidmann. Dazu kommen die Mehrkosten für die Wirtschaft.
Insgesamt würde diese Rentenpolitik 0,2 Prozentpunkte des Wirtschaftswachstums kosten. Somit gehe der Beschluss in die völlig falsche Richtung: "Wir brauchen Maßnahmen, die das Wachstum stärken. Das trägt sicher nicht dazu bei", so der Bundesbank-Präsident.
Streit mit Draghi
Weidmann streitet nicht nur mit Berlin, sondern auch mit seinem Frankfurter Nachbarn: dem Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi. Weidmann ist bekannt als Kritiker der EZB-Politik, die rund eine Billionen Euro in die Finanzmärkte pumpen will, um die gerade erst auf 0,3 Prozent gefallene Inflation zu steigern.
Weidmann als ständiger Mahner der EZB - können die Institutionen noch gut zusammenarbeiten? "Reibung ist nicht schlecht, die produziert erstmal Wärme", sagte Weidmann. "Und sie erzeugt am Ende auch bessere Ergebnisse." Die Auseinandersetzungen seien nötig, da die Notenbanken in Europa gerade ein "neues Territorium" betreten würden. Die EZB kauft aktuell Wertpapiere an den Finanzmärkten, was die Bundesbank jahrzehntelang als Tabu betrachtet hatte. Das Handeln der EZB habe potenziell auch "Folgen für den deutschen Steuerzahler", so Weidmann. Deshalb müsse man darüber diskutieren. "Manchmal sind Mario Draghi und ich einer Meinung, manchmal nicht", sagte Weidmann.
*Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hieß es, Weidmann habe das Zehn-Milliarden-Investitionspaket von Wolfgang Schäuble kritisiert. Das ist nicht der Fall. Weidmann bezog sich auf Forderungen, Deutschland müsse ein großes Konjunkturprogramm auflegen, um die Konjunktur in der Euro-Zone zu stützen.