EuGH-Urteil:Warum Streaming-Fans jetzt aufpassen müssen

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Das EuGH-Urteil könnte Auswirkungen auf Streaming-Fans haben. (Foto: imago/Westend61)

Der Europäische Gerichtshof sagt: Auch wer urheberrechtlich geschützte Filme und Serien auf dubiosen Seiten anschaut, verstößt gegen Recht. Das könnte Abmahnanwälten nutzen.

Von Jannis Brühl

Es ist eine überraschende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH): Wer Streams von Filmen, Serien oder Bundesliga-Liveübertragungen ansieht, die ohne Zustimmung der Urheber im Netz angeboten werden, kann gegen das Gesetz verstoßen. Für Fans von Seiten wie kinox.to oder movie4k.to bedeutet das: Die Chance, abgemahnt zu werden, ist gestiegen.

Wie war bisher die Rechtslage beim Streaming?

Streaming urheberrechtlich geschützter Inhalte ist zu unterscheiden vom Filesharing, bei dem Nutzer Dateien herunterladen (und gleichzeitig für andere hochladen). Nutzer von Streaming-Seiten waren bisher vergleichsweise sicher vor Abmahnungen und Klagen im Auftrag der Musik- und Filmindustrie. Das galt sogar, wenn sie Videos auf Seiten wie kinox.to oder movie4k.to ansahen, die dort widerrechtlich angeboten wurden (im Gegensatz zu legalen Angeboten wie Netflix oder iTunes). Gegen die Macher der Seiten wurde vorgegangen, gegen die Nutzer kaum.

Denn für Streaming galt nach Einschätzung vieler Juristen eine Ausnahme im Urheberrecht: Beim Abspielen eines Filmes wird die Datei nur kurzzeitig im Browser-Cache gespeichert - und ist nach dem Ansehen wieder weg. Das fällt unter den Sonderfall der "vorübergehenden" sowie der "flüchtigen und begleitenden" Handlung, der in einer EU-Richtlinie und im deutschen Urheberrechtsgesetz aufgeführt ist. Deshalb fühlen sich Nutzer auf Streaming-Seiten sicherer, denn sie "betrachten" Filme ja nur und laden sie nicht herunter. Juristen, die diese nutzerfreundliche Meinung vertreten, müssen diese durch das Urteil wohl revidieren.

Das Urteil

Eigentlich ging es vor dem EuGH in erster Linie gar nicht um die Nutzer, sondern um den kommerziellen Anbieter des "Filmspeler" aus den Niederlanden. Die Multimedia-Box für den Fernseher verlinkt auch Filme, die illegal angeboten werden. Ein niederländisches Gericht hatte den EuGH um eine Entscheidung gebeten. Der erklärte nun, dass das Angebot eine Urheberrechtsverletzung darstellen kann, da die Box geschützte Werke der Öffentlichkeit zugänglich mache. Selbst wenn die Vervielfältigung "flüchtig" sei, schade sie den Rechteinhabern - da die Nutzer ja nicht für die Werke zahlen würden. "Die Entscheidung lässt sich eins zu eins auf Computer übertragen" - also auch auf Streaming-Nutzer ohne "Filmspeler" zu Hause, erklärt der auf IT-Recht spezialisierte Anwalt Christian Solmecke. Entscheidend ist die juristische Einschätzung des Streaming-Vorgangs in dem Verfahren.

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Das Gericht folgte offenbar dem Generalanwalt, dem wichtigsten Rechtsberater des EuGH. Er hatte in seinem Plädoyer argumentiert: Streaming-Nutzer hätten den Vorsatz, umsonst Filme zu sehen, für die sie eigentlich zahlen müssten. Sie würden sehr wohl erkennen, wann es sich um Streaming handele - denn es sei ein "anomaler" Akt und nicht mit dem normalen Surfen auf Webseiten zu vergleichen, bei dem die genutzten Technologien ja "nicht zu umgehen" seien, wenn man eben surfen wolle. Man könne "in technischer Hinsicht das Verhalten desjenigen, der im Internet navigiert und Websites betrachtet, nicht mit dem Verhalten einer Person vergleichen, die Filme und Serien durch Streaming abspielt".

Was bedeutet das Urteil für die Nutzer von Streaming-Seiten?

Jonas Kahl, Anwalt für Urheberrecht, sagt: "Haftungsrisiko und Abmahnrisiko sind mit der Entscheidung gestiegen." Und Anwalt Solmecke erklärt: "Der EuGH geht davon aus, dass all diejenigen, die sich illegal eingestellte Streams im Internet ansehen, eine Urheberrechtsverletzung begehen." Denn viele Nutzer wüssten demnach, welche Angebote illegal seien.

Gerichte müssen bald im Einzelfall klären, ob der Nutzer die illegale Seite von einer legalen hätte unterscheiden können - denn die Streams müssen laut Urheberrecht "offensichtlich rechtswidrig" sein. Kahl sagt: "Das wird weiterhin umstritten sein, weil ja jede Plattform anders gestaltet ist. Der Otto Normalverbraucher tappt da immer noch im Dunkeln."

Gegen eine großangelegte Abmahnwelle spricht Solmecke zufolge allerdings, dass die Medienindustrie viel schwerer an die IP-Adressen der Nutzer von Streaming-Seiten komme - und deren Identität somit nur schwer herausfinden könne, als dies bei Filesharing-Software der Fall sei. Wer erwischt werde, müsse mit geringeren Kosten als bei einer Abmahnung wegen Filesharings rechnen - weil beim Streaming die Datei ja nicht an Dritte weiterverbreitet werde.

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