EU-Ministertreffen zu Griechenland:Fatale Geheimniskrämerei um den Euro

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Die Sorgen über Griechenlands Verschuldung und den Zustand des Euro sind groß. Die Geheimnistuerei um ein Treffen der großen EU-Länder am Freitag hat sie nicht mindern können - im Gegenteil. "Wir wollen nicht, dass der Euro-Raum ohne Grund explodiert", versuchte Eurogruppen-Chef Juncker im Anschluss zu beschwichtigen.

Cerstin Gammelin

Die Sorgen über Griechenlands Verschuldung und die Stabilität des Euro sind größer als gemeinhin angenommen. Das zeigt die Geheimnistuerei um ein Treffen einiger Euro-Länder am Freitagabend. Zunächst stritten Verantwortliche sogar ab, dass überhaupt in Luxemburg geredet wurde. "Wir wollen nicht, dass der Euro-Raum ohne Grund explodiert", versuchte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker im Anschluss zu beschwichtigen.

Die EU-Finanzminister versuchen zu beschwichtigen, doch die Sorge um die Zukunft Griechenlands ist groß - denn an der Finanzlage des Landes könnte gravierende Auswirkungen auf den gesamten Euro-Raum haben. (Foto: dpa)

Und es fand doch statt: Die Finanzminister der Euro-Länder, die in der Gruppe der G-20 vertreten sind, haben auf Einladung von Luxemburg und Frankreich auf einem informellen Treffen die Lage im hochverschuldeten Griechenland diskutiert. Vorab waren sich Beobachter keinesfalls sicher, wer da wo zusammenkommen würde, denn die im Vorfeld waren nahezu alle Beteiligten bemüht, das Treffen zu leugnen - was kaum zur erklärten Absicht, die Märkte zu beruhigen und die gemeinsame Währung zu sichern, beitragen dürfte.

Ein Bericht von Spiegel Online, wonach Griechenland die Abschaffung des Euro erwäge, hatte den Kurs der Gemeinschaftswährung zuvor unter Druck gesetzt. Der Euro verlor zeitweise zwei Cent gegenüber dem Dollar. Zwar folgten umgehend Dementi aus Athen, Berlin und Brüssel,. Das "geheime" Treffen der EU-Größen in Luxemburg aber zeigt, wie sehr die Gemeinschaft um Lösungen in der Krise ringt.

Schlichtes Leugnen

Die Aktion war offenbar so unkoordiniert, dass vorab sehr unterschiedliche Informationen kursierten - und verschiedene Stellen durch schlichtes Leugnen des Treffens einen Geheimcharakter zu wahren suchten. Am Freitag hatte insbesondere der Sprecher von Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker noch abgestritten, dass es ein solches Treffen überhaupt gebe.

Auch die Regierung in Rom erklärte, Finanzminister Tremonti sei zuhause in Mailand, während er gerade in Luxemburg ankam. Das Bundesfinanzministerium wollte die Reise Schäubles nicht bestätigen. Der Sprecher des zuständigen EU-Kommissars Olli Rehn sagte, ihm sei kein Treffen bekannt.

Nach den Beratungen aber trat Juncker am späten Freitagabend höchstpersönlich vor die Journalisten und versuchte, beruhigende Signale zu senden. Ein möglicher Austritt des südeuropäischen Landes aus der Euro-Zone sei bei der Zusammenkunft, an der auch der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet und eben auch EU-Währungskommissar Olli Rehn teilgenommen hätten, kein Thema gewesen. Auch eine Umschuldung des mit 327 Milliarden Euro verschuldeten Landes werde ausgeschlossen. Es müsse aber am 16. Mai beim Treffen der Euro-Finanzminister darüber gesprochen werden, ob Griechenland "einen weiteren Wirtschaftsplan" benötige.

Neben Griechenland seien aber auch eine Reihe anderer Themen besprochen worden, hieß es weiter. Dabei geht es vor allem um die Nachfolge von Trichet. Der Italiener Draghi gilt bisher als Favorit auf den EZB-Vorsitz, nachdem sich Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy öffentlich für ihn ausgesprochen hatte. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe sich jedoch noch nicht entschieden, heißt es in Berlin.

Juncker zufolge nahmen an dem Treffen in Luxemburg die Finanzminister aus Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien sowie Trichet und Rehn teil. Der griechische Finanzminister Giorgos Papakonstantinou war ebenfalls anwesend.

Sorge um Griechenland: Gerade die Geheimhaltung (Foto: dapd)

Das griechische Finanzministerium hatte wenige Minuten vor Junckers Erklärung mitgeteilt, Papakonstantinou habe an dem Treffen in Luxemburg teilgenommen. "Der Minister war eingeladen, um sich über die Einschätzung der ökonomischen Entwicklung in Griechenland auszutauschen", hieß es. "Es ist klar, dass während des Treffens weder diskutiert noch als Thema auf den Tisch gebracht wurde, ob Griechenland in der Euro-Zone bleiben wird."

EU-Diplomaten führen die neue Hektik in der Euro-Gruppe auf die jüngste Kritik des IWF an den griechischen Sparprogrammen, vor allem an der der schleppenden Privatisierung zurück. IWF-Experten bezweifelten, dass Athen die Bedingungen erfüllen kann, um die nächste Kredittranche des Hilfspakets zu bekommen. Die europäischen Länder und der IWF haben Athen 110 Milliarden Euro an Darlehen zugesagt. Die Hälfte ist bereits ausgezahlt. Würde Griechenland insolvent, wäre ein Teil der Gelder verloren - eine Horror-Vorstellung für die Euro-Gruppe. Zudem würde Diskussion um die Zukunft des Euro weiter befeuert.

"Mehr Unruhe durch Geheimniskrämerei"

Zwei Gründe also für Juncker, um auf stille Beratungen zu pochen. Das Treffen gestern dürfte allerdings bald als Kommunikationsdesaster gelten. Der Europa-Abgeordnete Wolf Klinz (FDP) kritisierte das Geheimtreffen der Finanzminister. Er habe davon aus den Medien erfahren, sagte der Vorsitzende des Sonderausschusses zur Wirtschafts- und Finanzkrise im Deutschlandfunk.

"Es hätte zu mehr Sicherheit beigetragen und weniger Spekulationen angeheizt, wenn man es gewusst hätte", erklärte er. "Ich habe auch den Eindruck, man sollte hier lieber mit offenen Karten spielen." Es sei kein Geheimnis, dass sich Griechenland schwer tue mit der Umsetzung der zugesagten Reformen. Ein derartiges Treffen erreiche zudem nicht das Ziel, die Märkte zu beruhigen. Im Gegenteil "tritt noch mehr Unruhe ein".

Klinz und FDP-Generalsektretär Christian Linder plädierten für einen Schuldenschnitt. Lindner sagte der Zeitung Die Welt, er schließe eine Umschuldung Griechenlands nicht mehr aus. "Wenn ich die Entwicklung der Märkte betrachte, dann ist das für mich nur eine Frage der Zeit und der Bedingungen", sagte er. "Prinzipiell sollten zukünftig bei Schuldenkrisen erst die privaten Gläubiger in die Pflicht genommen werden, dann müssen die betroffenen Staaten ihre Hausaufgaben machen", fügte er hinzu. Europäische Nothilfe sei "das letzte Mittel".

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