Escada geht in die Insolvenz:Glanz war gestern

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Viele Führungswechsel, keine Strategie, Flops bei den Kollektionen: Die Escada-Probleme sind hausgemacht, selbst Neu-Chef Sälzer konnte nicht mehr retten, was nicht zu retten war.

C. Busse

Mitte Juni präsentierte Bruno Sälzer den internationalen Einkäufern noch die Escada-Kollektionen für das Frühjahr und den Sommer 2010. Die Reaktionen seien gut gewesen, berichtete der Escada-Chef damals nicht ohne Stolz. Doch ob die neuen, bunteren Kreationen je zum Verkaufsschlager werden, ist seit dieser Woche fraglicher denn je.

Escada geht in die Insolvenz - weil die Strategie fehlte und Kollektionen nicht bei den Kundinnen ankamen. (Foto: Foto: Getty)

Der Damenmodekonzern Escada ist in seiner bisher schwersten Krise. Kurzfristig, wahrscheinlich noch an diesem Donnerstag, wird das Unternehmen beim Amtsgericht München Insolvenzantrag stellen, teilte Escada mit. Der Grund ist die unmittelbar drohende Zahlungsunfähigkeit. Eine der bekanntesten deutschen Modemarken steht damit vor dem Aus. Betroffen sind rund 2300 Mitarbeiter, 500 davon in der erst vor kurzem bezogenen neuen Unternehmenszentrale in Aschheim bei München. Die Firma mit einem Jahresumsatz von 580 Millionen Euro betreibt 182 eigene Shops sowie 225 von Franchise-Nehmern betriebene Standorte in mehr als 60 Ländern.

Sälzer war erst vor einem Jahr als Sanierer nach München gekommen. Auf ihm ruhten alle Hoffnungen. Der 52-Jährige, der mit Frau und vier Söhnen auch nach München umgezogen ist, hatte zuvor 13 Jahre lang für Hugo Boss gearbeitet, von 2002 an als Vorstandvorsitzender. Der stets kontrolliert wirkende Sälzer verfügt über einen guten Ruf, gilt als Modeprofi und war schließlich 2008 bei Hugo Boss im Streit mit dem neuen Mehrheitsaktionär, dem Finanzinvestor Permira, ausgeschieden.

Unzufriedene Belegschaft

Was Sälzer bei Escada vorfand, hat ihn wohl selbst überrascht. Der Konzern war seit Jahren heruntergewirtschaftet worden: viele Führungswechsel, eine fehlende Strategie, Flops bei den Kollektionen, Unzufriedenheit in der Belegschaft. Escada, einst die größte Damenmodemarke der Welt, befindet sich nicht erst seit der internationalen Wirtschaftskrise und der Zurückhaltung auch der reichen Kundinnen in ernsten Schwierigkeiten. Sälzer machte sich an die Arbeit, reduzierte die Kosten, verbesserte die Produktionsabläufe und die Qualität, und er brachte eine Reihe neuer Manager von Hugo Boss mit. Anfangs gab er sich gelassen. "Das Wasser spritzt halt etwas höher", sagte er noch im Februar, wenn er auf die Probleme bei der Sanierung angesprochen wurde.

Zusammen mit Michael Börnicke, der vom Bezahlsender Premiere gekommen war und als Sanierungsvorstand verpflichtet wurde, erarbeitete Sälzer einen riskanten und bisher in Deutschland einmaligen Plan. Die Gläubiger einer Anleihe über 200 Millionen Euro sollten auf einen Großteil ihrer Forderungen verzichten. Unter diesen Bedingungen wären dann auch die Großaktionäre, vor allem die Tchibo-Erben Wolfgang und Michael Herz, bereit gewesen, frisches Geld einzubringen, auch die Banken wollten dann mitmachen.

Aber das Projekt lief von Anfang an schlecht. Escada musste nachbessern und mehrmals die Frist verlängern. Am Ende machten weniger als die Hälfte der Gläubiger mit. In der Nacht zum Mittwoch musste Sälzer eingestehen, dass er gescheitert ist. Es ist ein trauriges Ende für das Unternehmen, das 1976 von Margaretha und Wolfgang Ley gegründet wurde und nach einem Rennpferd benannt wurde. Die Probleme begannen schon 1992 mit dem Tod von Margaretha, die auch Chefdesignerin war. Viel zu lange lebte Escada von der Tradition und setzte dabei langsam Staub an. Demnächst hat der vorläufige Insolvenzverwalter das Sagen. Ihm soll nun das Konzept zur Neuausrichtung vorgestellt werden. Ob Sälzer weitermacht, ist offen.

© SZ vom 13.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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