Ermittlungen:Staatsanwaltschaft stellt Winterkorn bloß

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Winterkorn hat mehr als zehn Millionen Euro in die Schweiz geschafft. (Foto: dpa)
  • Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ist bei den Ermittlungen zum Abgasskandal auf Geldverschiebungen auf Konten von Martin Winterkorn gestoßen.
  • Die Behörde hat den Verdacht, dass der ehemalige VW-Chef dabei Steuern im mittleren sechsstelligen Bereich hinterzogen hat.
  • Sein Anwalt weist die Vorwürfe zurück und erwägt, die Staatsanwaltschaft anzuzeigen.

Von Klaus Ott, München

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat sieben Aktenordner mit Unterlagen über private Geldflüsse und Vermögensverhältnisse des früheren VW-Vorstandschefs Martin Winterkorn breit gestreut. Die Behörde schickte die sieben Ordner kürzlich zusammen mit Hunderten Akten zur Abgasaffäre an ungefähr 40 Anwälte, gegen deren Mandanten wegen mutmaßlicher Manipulation von Dieselfahrzeugen ermittelt wird. Inzwischen gelangten Winterkorns Privat-Unterlagen und Vermerke der Staatsanwaltschaft dazu auch an die Bild am Sonntag, die daraus eine "Steueraffäre" machte.

Der Verdacht der Ermittler, Winterkorn könnte Steuern hinterzogen haben, wird von dessen Anwalt Felix Dörr vehement zurückgewiesen. Dörr erklärte auf Anfrage, er sei "entsetzt" darüber, dass persönliche Unterlagen seines Mandanten, die keinen Bezug zum Abgasverfahren hätten, an die Öffentlichkeit gelangt seien. Dörr sagte, er erwäge eine "Strafanzeige gegen unbekannt wegen Verrats von Dienstgeheimnissen". Durch die Weitergabe der Akten sei das Steuergeheimnis verletzt worden.

Winterkorn hatte 2016 und 2017 insgesamt mehr als zehn Millionen Euro an eine Firma seines Steuerberaters überwiesen. Von dort ging das Geld auf ein Bankkonto in der Schweiz, das offenbar Winterkorns Ehefrau gehört. Die Staatsanwaltschaft in Braunschweig geht dem Verdacht nach, es könnten Schenkungsteuern in Höhe von knapp 560 000 Euro fällig sein. Es sei "nicht unbedingt wahrscheinlich", dass diese Schenkung beim zuständigen Finanzamt angezeigt worden sei. Die Akten liegen SZ, NDR und WDR vor.

Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass es sich bei dem Geld um einen "Notgroschen" handelt

Dem Vernehmen nach hat das Ehepaar Winterkorn bei der Aufteilung der Millioneneinkünfte des früheren VW-Chefs ein Modell praktiziert, das sich "Güterstandsschaukel" nennt und bei dem keine Schenkungsteuern anfallen. Dieses Modell ist rechtlich offenbar zulässig. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat weiterhin notiert, bei den mehr als 10 Millionen Euro sei nicht davon auszugehen, dass die Erträge dieses Vermögens an der Steuer vorbeifließen sollten. Mit anderen Worten: Die Ermittler glauben nicht, dass es sich um Schwarzgeld handelt.

Die Staatsanwaltschaft vermutet vielmehr, Winterkorn könnte einen "Notgroschen" in die Schweiz gebracht haben. Und zwar für den Fall, dass er als früherer VW-Chef für die Dieselaffäre haften müsse. Volkswagen hat die Affäre bislang mehr als 15 Milliarden Euro an Strafen, Bußgeld, Schadenersatzzahlung und Anwaltshonoraren gekostet.

Gegen die These eines "Notgroschens" spricht, dass die Geldtransfers über offizielle Konten gelaufen sind und bei einem Schadenersatzprozess gegen Winterkorn für die Justiz leicht nachvollziehbar wären. Von Briefkastenfirmen ist nicht die Rede. Die sieben Akten enthalten mehrere Hundert Seiten mit Kontoauszügen, aus denen hervorgeht, wofür die Winterkorns über Jahre hinweg wann wie viel Geld ausgegeben haben. Die Staatsanwaltschaft war am Sonntag nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

© SZ vom 30.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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