Elektroautos:Deutsche Autohersteller wollen E-Tankstellen-Netz

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Ladestationen für Elektroautos soll es bald an jeder Tankstelle geben. Die Frage ist nur, wer den Ausbau bezahlt. (Foto: dpa)
  • Deutsche Autohersteller verhandeln über ein bundesweites Ladenetz für Elektroautos.
  • Sie könnten von so einem Netz profitieren, weil sie dann wohl mehr Elektroautos verkaufen würden.
  • Aber der Ausbau kostet viel Geld. Die Frage ist, wer diese Kosten übernimmt.

Von M. Balser, Th. Fromm, M. Hägler und M. Völklein

Nach außen hin gibt man sich zugeknöpft. "Wir tauschen uns aus", heißt es aus der Autoindustrie, da jedem inzwischen klar sei, "dass nur dann mehr Elektroautos verkauft werden können, wenn es auch die entsprechende Ladeinfrastruktur gibt".

Hinter den Kulissen aber wird derzeit kräftig verhandelt: Über ein flächendeckendes Schnellladenetz für Elektroautos auf Autobahnen - und über die Frage, wer hier welche Rolle spielen und wie viel Geld beisteuern soll. Im Kern geht es darum: Sollen Autobauer in Zukunft auch als Betreiber von Ladegeräten auftreten und sie mit finanzieren?

Der Bund hat in diesem Jahr ein 300-Millionen-Euro-Programm für einen breiten Ausbau der Ladeinfrastruktur ab 2017 aufgelegt. Zusammen mit dem Raststättenbetreiber Tank & Rast baut der Bund seit 2015 ein erstes Servicenetz mit Schnellladesäulen an den Autobahnen auf - derzeit gibt es solche Stellen bereits an 60 Standorten. Bis 2017 sollen es insgesamt 400 sein. Daneben aber, heißt es in Berlin, arbeiteten mehrere Konzerne an eigenen Plänen für den Ausbau des Netzes.

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Schon seit einigen Monaten sitzen auch Vertreter aus der Autoindustrie am Planungstisch; man sei "schon lang hinaus über die Phase des Abtastens und großen Diskutierens", heißt es von den einen. Andere sagen, es gebe noch einige offene Fragen zu klären - aber womöglich werde es noch in diesem Jahr eine gemeinsame Stellungnahme deutscher Hersteller geben. "Lieber heute als morgen ist unsere Devise", heißt es von Beteiligten, "wir wollen zeigen, dass wir etwas für Deutschland tun".

Vor allem soll es darum gehen, etwas für sich selbst zu tun, denn die Industrie plant groß: Erst vor einigen Tagen hatte BMW-Chef Harald Krüger im SZ-Interview angekündigt, er plane für das kommende Jahr einen Absatz von 100 000 Autos mit Elektro- und Hybridantrieb. Bei VW soll der Anteil der Elektroautos am Absatz bis 2025 rund ein Viertel ausmachen; Daimler will in den kommenden Jahren ebenfalls kräftig ausbauen. Porsche will von 2019 an seinen Sportwagen Mission E auf die Straße bringen. Nur: Was bringen einem neue Elektroautos, wenn die Menschen sie nicht kaufen, weil sie nicht wissen, wo sie diese aufladen können?

Nun gibt es in der Automobilindustrie klare Gesetze: Man arbeitet nur dann zusammen, wenn es um Projekte geht, die für die Marke nicht entscheidend sind. So hatten Autokonzerne in der Vergangenheit kein Problem damit, Dinge wie Gurtstraffer oder elektrische Fensterheber gemeinsam einzukaufen, wenn es die Sache billiger machte. Und daher hatten Audi, BMW und Daimler auch kein Problem damit, im vergangenen Jahr den digitalen Kartendienst Nokia Here zu übernehmen - für fast drei Milliarden Euro.

6600 Ladesäulen deutschlandweit

Mit den Ladesäulen könne es ähnlich laufen, sagt einer aus der Branche: Man brauche sie, sie seien teuer, die Rede ist von 35 000 Euro pro Säule - und am Ende seien sie für die eigene Marke nicht entscheidend. Eines dieser Projekte also, an denen sich alle beteiligen könnten. Offen ist nach Informationen von Brancheninsidern, wie hoch der Einsatz der Industrie sein solle. "Man braucht die Schnellladenetze, andererseits aber sind Bau und Betrieb solcher Ladesäulen nicht unser Kerngeschäft."

Nach Angaben von Lemnet, einem Verein, der die europäische E-Auto-Infrastruktur erfasst, besteht das Netz an Lademöglichkeiten für E-Autos deutschlandweit derzeit aus knapp 6600 Ladesäulen mit 18 500 Ladepunkten. In den viel kleineren Niederlanden zählte der Verein zuletzt 8400 Säulen mit knapp 12 000 Ladepunkten. Lemnet-Präsident Andreas-Michael Reinhardt findet, dass Industrie und Staat bei der Errichtung des Ladenetzes zusammenarbeiten sollten - vor allem, weil sich die Branche noch immer nicht auf europaweit einheitliche Standards für ihre Schnellladesysteme hat einigen können. So verbauen deutsche Hersteller ein anderes Ladesystem als französische und japanische Hersteller, Branchenpionier Tesla verwendet wiederum eigene Technik. "Ohne einheitliche Standards ist das verheerend für den Verbraucher", sagt Reinhardt. Studien hätten zudem gezeigt, dass der Absatz von E-Fahrzeugen sprunghaft ansteigen wird, sobald eine entsprechende Ladeinfrastruktur angeboten wird.

Der ADAC begrüßte einen möglichen Einstieg der Autohersteller in den Aufbau von Schnellladesäulen. So würden Steuerzahler beziehungsweise Autofahrer nicht zusätzlich belastet. Wichtig sei aber auch, rechtliche und finanzielle Hürden abzuschaffen, um Lademöglichkeiten beispielsweise in Tiefgaragen zu schaffen. "Wir gehen davon aus, dass Elektrofahrzeuge dort geladen werden, wo das Auto lange steht, also am Wohnort oder am Arbeitsplatz", sagte ein ADAC-Sprecher.

© SZ vom 16.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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