Diesel-Affäre:Volkswagen zahlt klagenden Dieselhaltern 830 Millionen Euro

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Zwei Vögel vor dem Logo der Volkswagen AG auf dem VW-Tower im Zentrum von Hannover. (Foto: David Hutzler/dpa)
  • Volkswagen einigt sich mit dem Verbraucherzentralen Bundesverband (VZBV) in einem außergerichtlichen Vergleich über die Entschädigung für Dieselkunden.
  • Rund 260 000 Geschädigte aus der Musterklage sollen je nach Modell und Alter ihres Autos Zahlungen zwischen 1350 und 6257 Euro erhalten.
  • Unabhängige Wirtschaftsprüfer sollten die Umsetzung stichprobenartig prüfen.

Im Streit über die Entschädigung von Hunderttausenden VW-Dieselbesitzern hat sich Volkswagen mit dem Verbraucherzentralen Bundesverband (VZBV) nach Angaben des Gerichts geeinigt. Das Oberlandesgericht Braunschweig teilte am Freitag mit, nach mehrtägigen Verhandlungen hätten der Verband und Volkswagen eine umfassende Vereinbarung geschlossen.

Rund 260 000 VW-Dieselkunden aus der Musterklage sollen je nach Modell und Alter ihres Autos Entschädigungen zwischen 1350 und 6257 Euro erhalten. Durchschnittlich sollen rund 15 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises ausgezahlt werden, teilten die Verbraucherschützer am Freitag in Berlin mit. Die Geschädigten sollen ein entsprechendes Angebot erhalten. Sie können dann selbst entscheiden, ob sie das Angebot annehmen oder in Einzelklagen weiter für mehr Geld streiten.

Volkswagen plane für die Entschädigungen eine geschätzte Gesamtsumme von 830 Millionen Euro ein, teilte der Verband mit. Der Autokonzern bestätigte dies. Die Summe stand bereits zuvor im Raum, beide Seiten hatten ihre außergerichtlichen Gespräche aber zunächst überraschend abgebrochen. Außerdem trage VW vollständig die Kosten für die Abwicklung des Vergleichs und die Rechtsberater der Dieselfahrer. Unabhängige Wirtschaftsprüfer sollten die Umsetzung stichprobenartig prüfen. Für mögliche Streitfragen soll eine Ombudsstelle eingerichtet werden.

VW-Chefjustiziar Manfred Döss betonte: "Wichtig war beiden Seiten, dass eine unabhängige Kontrolle der Umsetzung und eine transparente Abwicklung des Vergleichs erfolgt." Beides sei gewährleistet. "Zusätzlich unterstützt Volkswagen im Bedarfsfall und auf Wunsch auch eine anwaltliche Beratung."

Die Verbraucherzentralen hatten stellvertretend für mehrere Hunderttausend Dieselfahrer eine Musterfeststellungsklage eingereicht, um Schadenersatz für Autos mit zu hohen Abgaswerten zu erstreiten. Eine erste Runde von Vergleichsverhandlungen hatten VW und der Verband kürzlich ausgesetzt. Sie schoben sich danach gegenseitig die Verantwortung dafür zu, den Zeitdruck durch Ultimaten jeweils erhöht zu haben - am Ende platzte die eigentlich schon angepeilte Lösung.

Danach sprachen sie mit einem Schlichter jedoch weiter. Volkswagen-Rechtsvorständin Hiltrud Werner sprach nun von einer "fairen und praktikablen Vergleichslösung". Der Chef des Braunschweiger Oberlandesgerichts (OLG), Wolfgang Scheibel, habe durch sein "konstruktives Vorgehen" eine Einigung ermöglicht.

Die Musterfeststellungsklage werde nun beendet, teilten die Verbraucherschützer am Freitag mit. "Der VZBV hat für mehr gestritten. Aber im Rahmen der schwierigen Verhandlungen ist das Ergebnis das maximal Erreichbare", sagte Vorstand Klaus Müller. Das Angebot von VW liege im Rahmen der bisher vor deutschen Gerichten in ähnlichen Prozessen erzielten Entschädigungssummen.

Kein Vergleichsangebot werden Dieselbesitzer bekommen, die ihr Auto nach dem 31. Dezember 2015 gekauft haben oder zum Zeitpunkt des Kaufs ihren Wohnsitz nicht in Deutschland hatten. "Wir finden zwar, dass auch diese Menschen Ansprüche haben", sagte Müller. Die Grundlagen seien aber so individuell, dass sie im Rahmen einer Musterklage nicht geklärt werden könnten. Der Skandal um manipulierte Abgaswerte bei weltweit Millionen Dieselautos aus dem VW-Konzern war Ende September 2015 öffentlich geworden.

Die Betroffenen müssten nun bis zum 20. April entscheiden, ob sie das Vergleichsangebot von VW annehmen wollten, so die Verbraucherschützer. Volkswagen habe auf diesem Termin bestanden, da sich der Bundesgerichtshof am 5. Mai erneut mit dem Dieselbetrug befassen will. Unter anderem werde es in Karlsruhe dann voraussichtlich darum gehen, ob Schadensersatzansprüche und eine Nutzungsentschädigung gerechtfertigt seien. Damit trügen sowohl VW als auch die Dieselfahrer ein gewisses Risiko. "Wer weniger Risiko eingehen möchte, kann den Vergleich annehmen", sagte Müller.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Landes-Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU), die beide auch im VW-Aufsichtsrat sitzen, begrüßten die Einigung.

© SZ.de/dpa/Reuters/sks/mxh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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