Digitale Bildung:"Wir verspielen die Zukunft des Landes"

Lesezeit: 2 Min.

Ausgewandert in die USA, aber immer noch heimatverbunden: Stephanie zu Guttenberg und ihr Mann Karl-Theodor auf dem Oktoberfest. (Foto: dpa)
  • Stephanie zu Guttenberg investiert in ein deutsches Start-up, das Kindern digitale Bildung vermittelt.
  • Was in diesem Bereich in deutschen Schulen bisher geschehe, sei "besorgniserregend", sagt Guttenberg.
  • Sie werde dem Start-up nicht nur Kapital zur Verfügung stellen, sondern sich auch um neue Geschäfte und Kontakte zu Unternehmen kümmern.

Von Caspar Busse

Stephanie Freifrau von und zu Guttenberg, 41, kümmerte sich zuletzt vorwiegend um ihre große Leidenschaft, das Dressurreiten. In Deutschland wurde sie in den vergangenen Jahren kaum noch gesehen, auch wenn sie gerade mit ihrem Mann auf dem Oktoberfest in München war. Das Paar lebt mit den beiden Töchtern, 16 und 17 Jahre, seit 2011 in den USA. Damals war Karl-Theodor zu Guttenberg nach der Plagiatsaffäre um seine Doktorarbeit als Verteidigungsminister zurückgetreten. Der CSU-Politiker, dem viele eine große Zukunft vorausgesagt hatten, zog sich aus der Politik größtenteils zurück und meldet sich nur noch selten zu Wort.

Jetzt will sich Stephanie zu Guttenberg in Deutschland unternehmerisch betätigen. Sie wird sich mit 12,5 Prozent an dem Bonner Start-up BG 3000 Service GmbH beteiligen und künftig wieder mehr in Deutschland sein, sagte Guttenberg der SZ. Die Firma, die 2015 gegründet wurde, veranstaltet "Smart Camps" vor allem in Schulen, um jungen Menschen digitale Bildung zu vermitteln. "Ich glaube daran, dass Angebote wie das von BG 3000 in Deutschland sehr gebraucht werden", meint Guttenberg. Bislang hätten mehr als 15 000 Schüler an den Camps teilgenommen. Guttenberg wird nicht nur Kapital zur Verfügung stellen, sie will künftig auch selbst aktiv sein und sich um den Bereich Corporate Development kümmern, also um neue Geschäfte und Kontakte zu Unternehmen.

Digitalisierung und Schule
:"Das Tablet ist nur Mittel zum Zweck"

Die Steve-Jobs-Schulen in den Niederlanden wurden als Vorbild für die digitale Zukunft des Lernens gefeiert. Doch nun das Modell steckt in der Krise.

Von Fabian Busch

"Wir müssen jungen Menschen dringend die Digitalisierung nahebringen, den richtigen Umgang mit dem Internet und den sozialen Netzwerken", sagt Guttenberg. In den Camps, die bis zu vier Tage dauern, gehe es deshalb um alle aktuelle Themen, wie Sicherheit im Netz, Cyberkriminalität, Cybermobbing, aber auch um die Wirkung sozialer Netzwerke oder die Rolle von Influencern. "Wenn ich mir die Ausstattung deutscher Schulen und den Umgang dort mit neuen Medien anschaue, ist das schon besorgniserregend", sagt Guttenberg. "Es mag ja romantisch sein, wenn da noch mit Kreide an die Tafel geschrieben wird, aber wir verspielen die Zukunft des Landes." Andere Länder würden weit vorne liegen, sagt sie - etwa Staaten in Asien oder die USA, wo ihre Töchter zur Schule gehen.

BG 3000 - benannt nach dem Bonner Stadtteil Bad Godesberg, wo die Firma gegründet wurde - ist auf Gewinn ausgerichtet. Die Camps sind für die Teilnehmer kostenlos, finanziert werden sie durch Partner und Sponsoren, vor allem Unternehmen. Dabei sind etwa die Barmer Ersatzkasse, Sparkassen, die Westdeutsche Lotterie oder die IT-Firma Bechtle. So kann es in den Camps auch um die Vermeidung von digitalem Stress oder Spielsucht im Internet gehen.

Guttenberg engagiert sich seit Jahren gegen Kindesmissbrauch

"Die Firma ist übrigens nicht auf Deutschland beschränkt", sagt Guttenberg. Das Geschäftsmodell könne auch auf andere Länder ausgeweitet werden, so gebe es bereits Aktivitäten in Tunesien. Derzeit hat BG 3000 etwa 20 feste Mitarbeitern und 50 freiberufliche Trainer. Die Mehrheit der Anteile hält Gründerin Simone Stein-Lücke, die auch Bezirksbürgermeisterin in Bad Godesberg ist.

Guttenberg, deren Ururgroßvater Otto von Bismarck war, ist studierte Textilbetriebswirtin und hatte sich schon von 2004 an öffentlich gegen Kindermissbrauch, vor allem auch gegen Kinderpornografie im Internet, eingesetzt, sie unterstützte den international tätigen Verein Innocence in Danger. 2010 moderierte sie die RTL -2-Sendung "Tatort Internet, schützt endlich unsere Kinder", was ihr auch viel Kritik einbrachte. Dort würden in reißerischer Form Täter bloßgestellt, hieß es. "Ich stehe noch heute dazu. Um Mitternacht auf Arte erreichen Sie zumindest nicht die richtige Zielgruppe dafür", sagt Guttenberg heute.

© SZ vom 05.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Digitalisierung
:"Wir brauchen eine digitale Aufklärung"

Der renommierte Informatiker Christoph Meinel beklagt Deutschlands zögerlichen Umgang mit der Digitalisierung. Dabei biete dieses "Neuland" so viele Chancen - und nicht nur China ist schon auf der Überholspur.

Interview von Michael Bauchmüller und Stefan Braun

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: