Deutsche Bank:Postbank-Chaos dauert an

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(Foto: Ute Grabowsky/imago)

Eigentlich wollte die Deutsche Bank die Postbank-Probleme bis Jahresende lösen. Nun zieht sich die Abarbeitung bis 2024 hin. Betroffene Kunden können nun Entschädigung beantragen.

Die Bearbeitung von Kundenanfragen bei der Postbank wird sich noch etwas länger hinziehen als von der Deutschen Bank zunächst erhofft. "Die Abarbeitung der verbleibenden Rückstände ist komplex und nimmt in Teilen mehr Zeit in Anspruch. Einen Teil dieser Fälle werden wir deshalb Anfang 2024 abschließend bearbeiten", sagte ein Sprecher der Deutschen Bank, ohne zu sagen, wie viele Kunden von der Verzögerung ungefähr betroffen sind. Dem Vernehmen nach sollen die verbleibenden Probleme im Verlauf des ersten Quartals gelöst werden. Bei der Abarbeitung der Fälle sei man seit Sommer gut vorangekommen, auch wegen 800 zusätzlicher Arbeitskräfte für diese Aufgaben. Die Bank hatte gehofft, die Bearbeitung 2023 abschließen zu können. Vorstandschef Christian Sewing hatte versprochen, sich persönlich um das Thema zu kümmern. Zuerst hatte das Handelsblatt darüber berichtet.

Die Probleme der Deutsche-Bank-Tochter Postbank hatten im September die Finanzaufsicht Bafin auf den Plan gerufen, nachdem sich die Kundenbeschwerden gehäuft hatten. Bei der Migration der Postbank-IT auf die Systeme der Deutschen Bank, die im Juli eigentlich als abgeschlossen erklärt worden war, gab es erhebliche Probleme. Kunden konnten zeitweise nicht auf ihre Konten zugreifen, der Kundenservice war kaum erreichbar. Bafin-Chef Mark Branson hatte das Chaos bei der Postbank im SZ-Interview als "inakzeptabel" bezeichnet. Die Behörde schickte sogar einen Sonderbeauftragten, der die Beseitigung der Probleme überwachen sollte. Inzwischen hat auch der Aufsichtsrat der Deutschen Bank den eigenen Wirtschaftsprüfer EY beauftragt, die Verantwortung des Vorstands für das Servicedebakel zu prüfen. Die Bankführung hatte die Probleme lange heruntergespielt; interne Warnungen zu wachsenden Kundenbeschwerden versackten, wie ein Insider der SZ sagte.

Zugleich startete die Deutsche Bank am Mittwochmorgen über die Webseite der Postbank einen Online-Entschädigungsprozess, über den Betroffene bis zu 1000 Euro Schadenersatzanspruch geltend machen können. Der Schaden müsse mit einer Pfändung, einer Insolvenz oder bei der Einrichtung oder Abmeldung eines sogenannten Pfändungsschutzkontos entstanden sein. Kunden müssten ihn durch entsprechende Belege nachweisen, unter anderem Mahnkosten, Rücklastschriften oder Verzugszinsen. "Das Verfahren ist digital, sodass Kundinnen und Kunden der Postbank keine Filiale aufsuchen müssen, um ihre Ansprüche geltend zu machen", sagte ein Sprecher. Es sei aber möglich, den Antrag auch in der Filiale zu stellen. "Nach Einreichen der Anträge werden berechtigte Schadenersatzansprüche in der Regel bis Ende des Folgemonats erstattet." Wer einen höheren Schaden oder Schäden aus anderen Gründen geltend machen will, muss allerdings auf die bisher üblichen Verfahren dafür zurückgreifen und sich über Filiale, Callcenter oder schriftlich an die Bank wenden.

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