Danyal Bayaz:Grünen-Finanzminister: "Wir sind der bequemste Mann Europas"

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Danyal Bayaz sieht den bequemsten Mann Europas mitnichten in der Hängematte liegen, "faul sind wir wirklich nicht". (Foto: Bernd Weißbrod/dpa)

Wie gefährdet ist der Standort Deutschland? Besonders ein Problem alarmiert Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz.

Von Bastian Brinkmann

Vorsicht, im nächsten Absatz wird gegendert. Aber nicht auf die indoktrinierende Art, sondern auf die Danyal-Bayaz-Art. Der Finanzminister von Baden-Württemberg gehört bei den Grünen zu denen, die sehr offen sind für eine Koalition mit der CDU. Passend, dass Bayaz in Baden-Württemberg einer solchen Regierung angehört, wobei die Christdemokraten aus Sicht der Grünen wohl dankenswerterweise die Juniorrolle übernommen haben.

Mit einer wirtschaftspolitischen Grundsatzrede hat sich Bayaz nun in die Standortdebatte eingemischt. Deutschland ist nicht der kranke Mann Europas, sagte er bei den "Munich Economic Debates", einer Veranstaltungsreihe des Münchner Ifo-Instituts und der Süddeutschen Zeitung. Bayaz attestierte der Bundesrepublik allerdings: "Deutschland ist der bequemste Mann Europas", und schob, das ist die Genderei, ironisch hinterher, dass man die Bundesrepublik auch als die "bequemste Frau" bezeichnen könnte.

Die Analyse dahinter ist jedoch ganz unironisch gemeint. Deutschland setze zu sehr auf "business as usual", man habe es sich in seinen Routinen und Geschäftsmodellen bequem gemacht. Das Land habe sich zu sehr auf Exporte verlassen und habe schön ein "paar Autos mehr verkaufen können, einfach weil der Weltmarkt so lief".

Bayaz sieht den bequemsten Mann Europas also mitnichten in der Hängematte liegen, "faul sind wir wirklich nicht". Es wird schon g'schafft, aber eben nicht so viel Neues, Innovatives, Disruptives. In diesen Punkten sei Deutschland nicht gut, beklagte der baden-württembergische Finanzminister.

"Geld schafft neue Stellen, neue Stellen schaffen Bürokratie."

Politiker, Regierungen, Verwaltung und Behörden sind in Bayaz' unbequemer Kritik ausdrücklich mitgemeint. Ein Energiemanager habe ihm auf seinem Handy ein Foto von einem VW-Transporter gezeigt, erzählte der Minister. Der Transporter war voll mit Leitz-Ordnern, um ein bisschen mehr Windkraft zu beantragen. Der Staat müsse schneller werden. Stellen Unternehmen in den USA Förderanträge, bekämen sie in wenigen Wochen Antwort - in Deutschland dauere das im Zweifel zwei Jahre. Bayaz warnte davor, die Bürokratie mit mehr Staatsausgaben bekämpfen zu wollen. "Geld schafft neue Stellen, neue Stellen schaffen Bürokratie", sagte er.

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Einen konkreten antibürokratischen Vorschlag hatte er mitgebracht: Bayaz schlug vor, den Arbeitnehmer-Pauschbetrag auf 1500 Euro zu erhöhen, für 2023 liegt er bei 1230 Euro. Der Pauschbetrag wird automatisch abgezogen, wenn der Arbeitnehmer seine Steuererklärung ans Finanzamt schickt. Wenn der Wert höher läge, müssten viel weniger Menschen noch Belege im Schuhkarton sammeln, sagte der Finanzminister. Auch die Steuerverwaltung würde entlastet.

Die derzeitige Debatte über den Standort Deutschland ist ihm bisweilen nicht differenziert genug. "Man kann sich in eine Krise auch hineinreden", sagte Bayaz einerseits. Und ergänzte andererseits: "Das heißt nicht, dass alles fein ist", diese Sicht wäre naiv. Die Ausgangslage bemisst er als "wirklich gut", sagte er. "Ich wünsche uns mehr Optimismus." Dazu müssten dann aber auch Dinge passieren. Es gebe keine Garantie, dass der Standort auch in zehn, zwanzig Jahren noch so erfolgreich dastehe. "Der globale Wohlstand wird gerade neu vermessen."

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