Computer:Verschlüsselungs-Pionier: Geheimdienste bedrohen Demokratie

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Hamburg (dpa) - Der Erfinder der Verschlüsselungs-Software PGP sieht in der Daten-Ausbeutung durch Geheimdienste eine große Gefahr für die Demokratie. "Diese Konzentration des Wissens macht mir Sorgen", sagte Phil Zimmermann bei einer Konferenz des Software-Herstellers Open-Xchange in Hamburg.

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Hamburg (dpa) - Der Erfinder der Verschlüsselungs-Software PGP sieht in der Daten-Ausbeutung durch Geheimdienste eine große Gefahr für die Demokratie. „Diese Konzentration des Wissens macht mir Sorgen“, sagte Phil Zimmermann bei einer Konferenz des Software-Herstellers Open-Xchange in Hamburg.

Wenn eine Regierung allwissend sei, erhöhe dies die Versuchung, dieses Wissen zu missbrauchen. „Wir wissen nicht, wer 2017 im Weißen Haus sein wird und ob sie die politische Einstellung von Thomas Jefferson oder von Vladimir Putin haben werden“, mahnte Zimmermann. Schon jetzt sie die verknüpfte Auswertung von Informationen möglich. „Wer betritt zu welcher Zeit in welches Hotel? Wer schläft mit wem? Welcher Politiker kann mit diesen Informationen neutralisiert werden?“ Er bewundere zwar die technische Leistung der Geheimdienst-Analysten - „aber sie ist zerstörerisch für die Demokratie“, kritisierte Zimmermann.

Er hatte 1991 das Verschlüsselungsprogramm „Pretty Good Privacy“ (PGP) entwickelt, das auch heute noch als sicher gilt. Zuletzt wurde es unter anderem auch vom Informanten Edward Snowden genutzt. Mit PGP können E-Mails so bearbeitet werden, dass sie für Außenstehende nicht mehr lesbar sind. Die Nachricht ist ohne den korrekten „Schlüssel“ nur ein Wirrwarr aus Zahlen und Buchstaben.

Zimmermann warnte die Menschen in Deutschland davor, sich vor allem auf die Internet-Überwachung durch den amerikanischen Geheimdienst NSA zu konzentrieren und dabei die Dienste im eigenen Land außer Acht zu lassen. „Für mich ist weniger relevant, wenn zum Beispiel die Chinesen mich abhören. Sie können nicht mitten in der Nacht meine Tür eintreten und mich festnehmen.“

„Die Gesellschaft muss akzeptieren, dass der Preis der Freiheit eine gewisse Unsicherheit ist“, betonte Zimmermann in einem dpa-Interview. Selbst wenn es mit Hilfe flächendeckender Internet-Überwachung gelänge, Anschläge wie den auf den Marathon in Boston zu verhindern: „Wäre das eine Rechtfertigung für die Überwachung? Wäre es das Wert, unsere Gesellschaft in einen Überwachungsstaat zu verwandeln?“

Damit stellte er sich gegen die Argumentation von Sicherheitspolitikern und Geheimdienst-Vertretern, die seit den Enthüllungen stets betonten, wie wichtig die gesammelten Informationen für die Bekämpfung von Terrorismus seien.

Die Datenberge könnten zum Beispiel attraktiv für eine Regierung sein, die an der Macht bleiben wolle, warnte Zimmermann. Deswegen sollten solche Informationen gar nicht anhäuft werden. „Besser, wir schaffen diese Versuchung für die Politiker gar nicht erst. Es geht um zu viel Macht.“

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