Commerzbank:Aufsicht lehnt designierten Risikovorstand der Commerzbank ab

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Bereits im vergangenen Jahr waren Zweifel bei der Besetzung des Risikovorstandes bei der Commerzbank aufgetreten. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Blamage für die Commerzbank: Rüdiger Rass wird wegen Bedenken der Bankenaufsicht doch nicht neuer Risikovorstand. Der neue Aufsichtsratschef Jens Weidmann muss nun einen neuen Kandidaten suchen.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Fast wirkte es so, als hätte die Commerzbank verdrängt, dass Bankvorstände noch einer Genehmigung durch die Finanzaufsicht bedürfen. Oder aber der Aufsichtsrat der zweitgrößten deutschen Privatbank hatte gehofft, dass wie immer alles glatt geht und die Bankenaufsicht den Kandidaten dann doch noch durchwinkt. Nun aber kam alles anders. Was genau dahinter steckt, dass die Bank sich nun hektisch erneut nach einem neuen Risikovorstand umsehen muss, ist nicht ganz klar. Fakt ist aber: Rüdiger Rass, bislang Bereichsvorstand eine Ebene unter dem Konzernvorstand, und eigentlich für den Posten vorgesehen, habe nach Gesprächen mit der Bankenaufsicht im Einvernehmen mit Vorstand und Aufsichtsrat entschieden, für dieses Amt nicht mehr zur Verfügung zu stehen, teilte die Commerzbank am Dienstagnachmittag mit - kurioserweise einen Tag nach einer SZ-Anfrage zu der Personalfrage.

Ursprünglich war vorgesehen, dass Rass die Nachfolge von Marcus Chromik als Risikovorstand antreten sollte. Dieser hatte im vergangenen Jahr einer Verlängerung seines Vorstandsvertrags über das Jahresende hinaus abgelehnt. Was als geordneter Nachfolge-Prozess geplant war, endet damit im Chaos und wird zur ersten Bewährungsprobe für den neuen Aufsichtsratschef Jens Weidmann. Der frühere Bundesbank-Präsident hat den Posten im Mai übernommen und muss nun einen alternativen Kandidaten oder eine Kandidatin suchen. Sein Vorgänger an der Spitze des Aufsichtsrates, Helmut Gottschalk, hatte immer wieder betont, Rass sei von Anfang an sein Favorit für den Posten gewesen - und Weidmann hatte sich diesem Plan angeschlossen.

Welche Rolle spielte der Wirecard-Kredit?

"Wir respektieren die Entscheidung von Rüdiger Rass und freuen uns, dass er der Bank weiterhin zur Verfügung steht", sagte Weidmann. "Wir werden den neuen Suchprozess für die Nachfolge des Risikovorstands unmittelbar starten und mit der entsprechenden Gründlichkeit vorantreiben."

Bereits im Dezember allerdings war in Finanzkreisen zu hören gewesen, die Prüfung durch die EZB-Bankenaufsicht verzögere sich. Die Aufseher wollten dem Vernehmen nach der Frage nachgehen, welche Rolle Rass bei der Kreditvergabe der Bank an Wirecard gespielt hat. Das Wirecard-Desaster hat die Commerzbank fast 200 Millionen Euro gekostet. Ausgelöst hatte die Prüfung durch die EZB offenbar zahlreiche Fragen des früheren Mitarbeiters und Belegschaftsaktionärs Bernd Heckmann auf der Hauptversammlung. Dabei ging es um mögliche Versäumnisse der Commerzbank bei der Vergabe des Kredits an die spätere Pleite-Firma. Allen voran Risikovorstand Marcus Chromik sah der Ex-Mitarbeiter in der Verantwortung, aber auch Bettina Orlopp, die heutige Finanzvorständin, die damals für die Abwehr von Geldwäsche zuständig war. Auch SZ-Recherchen ergaben, dass die Vorwürfe durchaus begründet waren. Der frühere Aufsichtsratschef Gottschalk wies die Anschuldigungen zurück: Eine Untersuchung im Auftrag des Aufsichtsrats habe gezeigt, dass der Vorstand bei der Vergabe des Kredits korrekt gehandelt hatte.

Nach Aussagen der Bank war Rüdiger Rass angeblich nicht mit dem Wirecard-Kredit befasst, obwohl er als Bereichsvorstand Mitglied des zuständigen Kreditgremiums war. "Herr Rass war in die Vergabe des Wirecard-Kredites nicht involviert", sagte Finanzchefin Orlopp im Mai auf der Hauptversammlung auf die Frage eines Aktionärs. In Bankkreisen hieß es am Dienstag, die Wirecard-Thematik habe beim Rückzug von Rass keine Rolle gespielt. Die Aufsicht habe grundsätzliche Zweifel gehabt, ob Rass der Richtige sei, um ein derart wichtiges Vorstandsressorts zu führen. Offiziell wollte sich die Bank dazu nicht äußern. Insider halten es indes für unwahrscheinlich, dass Rass keinerlei Berührung mit dem Wirecard-Kredit hatte.

Ohnehin hätte die Stellenbesetzung auch anders laufen können. Laut Finanzkreisen waren zunächst auch externe Kandidaten im Gespräch, darunter Markus Kramer, Risikovorstand der BayernLB. Die Landesbank war eine der wenigen Banken, die bei Wirecard rechtzeitig misstrauisch geworden war und daher bereits 2018 aus der Kreditvergabe ausgestiegen war. Sie bekam ihr Darlehen zurück. Warum es der Commerzbank nicht gelang, den Landesbanker Kramer anzuheuern, bleibt unklar. Bevorzugte man Rass, weil er als interner Kandidat das Haus bereits kennt? Oder wollte man keinen Kollegen von außen, der womöglich unbequeme Fragen stellt? Das bleibt vorerst unklar. Weder die BayernLB, noch die Commerzbank wollten sich am Dienstag dazu äußern.

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