Commerzbank:Ohne die schützende Hand

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Bereits im vergangenen Jahr waren Zweifel bei der Besetzung des Risikovorstandes bei der Commerzbank aufgetreten. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Bundesfinanzminister Christian Lindner liebäugelt damit, sich von der Beteiligung an der Commerzbank zu trennen. Die macht nun immerhin wieder Gewinn.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Die Terminkalender scheinen gut gefüllt, noch hat sich kein Treffen ergeben zwischen dem neuen Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Manfred Knof, der seit einem Jahr die Commerzbank führt, und diesen Donnerstag über sein erstes Kalenderjahr an der Spitze der Bank berichtete. Sicherlich aber wird so ein Treffen bald anberaumt werden: Die neue Bundesregierung, so erwarten viele Beobachter in der Bankenwelt, wird sich wohl nicht allzu viel Zeit lassen, wenn sie sich wirklich irgendwann von ihrer Beteiligung an der Commerzbank trennen will. Während etwa die Lufthansa die Staatsbeteiligung aus der Coronakrise schon wieder abgeschüttelt hat, ist der Bund seit der Finanzkrise vor mehr als zehn Jahren immer noch an der Commerzbank beteiligt - die Hoffnung, das Investment ohne Milliarden-Verlust zu beenden, ist längst verflogen, dennoch hat sich bislang keiner an das Thema herangetraut.

Leichter fallen könnte es der neuen Bundesregierung: Weder FDP noch Grüne hatten etwas mit der Rettung der Commerzbank im Jahr 2009 zu schaffen, auch nicht mit den bislang eher widersprüchlichen Versuchen, Einfluss auf die Strategie der Bank zu nehmen. Wer immer das Problem jetzt löst, ganz gleich mit welchem Verlust, kann es noch auf die Vorgänger schieben. "Auf Dauer wird der Staat nicht Shareholder der Commerzbank sein", sagte Lindner diese Woche dem Handelsblatt, um aber gleich zu signalisieren, dies werde nicht zu jedem Preis geschehen. Bei "dereinst anstehenden Entscheidungen" werde er sowohl die Vermögensinteressen der Steuerzahler im Blick behalten, als auch die Bedeutung der Commerzbank für die mittelständische Wirtschaft.

Schutz vor feindlicher Übernahme

Aber braucht die Commerzbank den Bund überhaupt noch als Großaktionär? Stabil genug dürfte das Geldhaus inzwischen sein, womit die schützende Hand des Staates nach Ansicht vieler Experten eigentlich nicht mehr nötig ist. In den Jahren nach der Finanzkrise hat sie zuweilen mehr Schaden als Nutzen angerichtet. Zumal der Bund den deutschen Mittelstand und damit auch deren Geschäftsbanken in der Coronakrise ohnehin mit fast 60 Milliarden Euro an Hilfskrediten vor dem Kollaps bewahrt hat. Nun aber hilft der Commerzbank auch die bevorstehende Zinswende. Höhere Zinsen machen zumindest das klassische Kreditgeschäft in der Regel profitabler. Der laufende Konzernumbau - der x-te in den vergangenen Jahren - und zuletzt angestoßen von Knof, könnte nun womöglich sogar erfolgreich sein. Zuletzt jedenfalls gelang es der Bank, Kosten zu sparen, ohne dabei übermäßig viele Kunden und Erträge zu verlieren.

Im vergangenen Jahr schaffte das Institut einen Nettogewinn von 430 Millionen Euro - trotz Sonderbelastungen von fast zwei Milliarden Euro für Abfindungen und andere Umbaukosten. Wie fast allen großen Banken hat Corona auch der Commerzbank eine überraschende Sonderkonjunktur beschert: Kunden handelten häufiger mit Wertpapieren, zugleich stieg die Nachfrage nach Krediten. Für 2022 stellte Knof einen Gewinnsprung in Aussicht. Außerdem will das Geldhaus wieder Dividende zahlen, was man seit der Finanzkrise nur in zwei Jahren erreicht hat. Das freute auch die Aktionäre: Der Kurs stieg am Donnerstag zeitweise um fast sechs Prozent auf knapp neun Euro. Seit Knofs Amtsantritt haben sich die Titel deutlich erholt.

Wollte der Staat sein Engagement ohne Verluste beenden, wäre indes ein Kurs von 26 Euro je Aktie nötig. Beim aktuellen Wert würde der Bund also immer noch einen Verlust von ungefähr 2,4 Milliarden Euro realisieren. Womöglich hofft Knof daher darauf, dass der Bund noch etwas länger engagiert bleibt, liberale Grundhaltung hin oder her. Jedenfalls wich er der Frage aus, ob die Commerzbank nicht auch gut ohne den Bund leben kann. Volker Brühl Geschäftsführer des Center for Financial Studies der Frankfurter Goethe-Universität, kann sich dies gut erklären:"Die Beteiligung des Bundes hat in jedem Fall einen positiven Einfluss auf das Rating". Mit anderen Worten: Dank der Bonität des Staates kann sich die Commerzbank günstiger am Kapitalmarkt refinanzieren.

Exodus der Commerzbank-Managerinnen

Natürlich schützt die Bundesbeteiligung auch vor einer Übernahme durch eine ausländische Bank, welche wohl nicht im Sinne des Managements ist. "Ein Verkauf der Beteiligung des Bundes dürfte dazu genutzt werden, eine europäische Konsolidierung im Bankensektor voranzutreiben", sagte Brühl. Bislang allerdings wäre die Commerzbank allenfalls Juniorpartner bei einer Fusion und die Vorstände wohl ihren Job los. "Wir stehen jeden Tag dafür auf, dass die Commerzbank eigenständig bleibt", sagte Knof, und angeblich erwarteten das auch die Kunden. "Die feuern uns an und sagen uns immer, wir brauchen euch".

Nicht alle im Vorstand ziehen indes mit: Mit Personalvorständin Sabine Schmittroth verlässt erneut eine Managerin das Geldhaus, nach zahlreichen weiteren Abgängen. Im obersten Führungsgremium gibt es nun nur noch eine Frau. Knof will die Bank zwar auf Nachhaltigkeit ausrichten, wozu auch das Thema Diversität gehört, bislang macht er dabei aber nicht nur Fortschritte. Die Börsen-Zeitung, eher nicht bekannt als Zentralorgan des Feminismus, schrieb diese Woche gar von einem "Exodus der Commerzbank-Managerinnen" und mahnte, die Bank müsse "verhindern, dass sich nachhaltig orientierte Investoren wegen Diversitätsdefiziten von ihr abwenden". Knof indes ficht das nicht an. Derzeit seien rund 34 Prozent aller Führungsposten mit Frauen besetzt, künftig sollen es 40 Prozent sein. Eilig hat er es offenbar nicht: Zielmarke ist 2030.

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