Chipindustrie:Sachsen plant Einstieg bei Qimonda

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Sachsens Regierungschef Tillich signalisiert die Bereitschaft zur Teilverstaatlichung von Qimonda - das wäre die Voraussetzung für die Rettung des Konzerns.

Markus Balser

Als es um ihre letzte Chance ging, wollten sie dabei sein. Etwa 1000 Mitarbeiter von Qimonda versammelten sich am Donnerstag vor dem sächsischen Landtag in Dresden und demonstrierten während einer Sondersitzung zur Pleite des Chipkonzerns für eine Rettung in letzter Minute. Ein Raunen machte die Runde, als ein spontaner Gastredner auftauchte: Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU). Noch mehr erstaunte die Chipwerker allerdings, was Tillich ihnen zu sagen hatte: Denn erstmals signalisierte der 49-Jährige Bereitschaft für eine Teilverstaatlichung des Konzerns - Voraussetzung für ein Rettungspaket.

Hoffnung für Qimonda: Sachsens Ministerpräsident Tillich signalisierte Bereitschaft für eine Teilverstaatlichung des Konzerns. (Foto: Foto: dpa)

Sachsen werde die Suche nach einem Investor "mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln" unterstützen, sagte Tillich. Dazu gehöre auch eine indirekte Beteiligung: "Damit das Dach dicht wird, sind wir bereit, den Schlussstein zu setzen." Sachsen hatte schon früher etwa über die Leipziger Messe-Gesellschaft Geld bei IT-Unternehmen investiert und seine Anteile später wieder verkauft. Tillichs Ankündigung gilt als strategische Wende der Landesregierung. Denn einen Einstieg des Freistaates hatte er bislang kategorisch abgelehnt.

Jobverlust im Wahljahr

Im Superwahljahr will der Freistaat Sachsen offenbar den Verlust von Tausenden Arbeitsplätzen verhindern. "Wir wollen einen eigenen Halbleiterstandort in Europa. Das müsste man auch in Berlin und Brüssel verstehen", sagte Tillich weiter und forderte mehr Engagement vom Bund: "Was für Opel und Schaeffler gilt, muss auch für Qimonda gelten", verlangte Tillich. Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) präzisierte im Landtag, was sich der Freistaat vorstellen kann. "Mit einem Anteil von 25,1 Prozent hätten wir die Sperrminorität, die unser Engagement absichern hilft", sagte Jurk in der Sondersitzung. Jurk werde eine mögliche Beteiligung keinesfalls die Schwelle von 49,9 Prozent überschreiten: "Die Mehrheit muss bei einem privaten Investor bleiben."

Nach Angaben aus Verhandlungskreisen hat eine staatliche Firmengruppe aus der chinesischen Provinz Shandong nach wie vor Interesse an einem Einstieg bei Qimonda. Die Verhandlungen zwischen der Holding Inspur und dem Insolvenzverwalter könnten schon Anfang der nächsten Woche in Hongkong weitergehen, hieß es. Insolvenzverwalter Michael Jaffé könnte erneut nach China reisen. Ein Sprecher von Jaffé wollte sich am Donnerstag nicht dazu äußern. Zu den Aussichten der Gespräche mit den Chinesen hielt sich Sachsens Wirtschaftsminister Jurk bedeckt: "Außer einer Mitteilung gegenüber der Presse in Shanghai haben wir keine verlässlichen Informationen."

Kritik an Guttenberg

Tillich und Jurk forderten erneut die Europäische Union, den Bund und das Land Bayern auf, an einer Rettungslösung konstruktiv mitzuarbeiten. Qimonda sei nicht nur für Sachsen, sondern für die Halbleiterindustrie in ganz Deutschland und Europa ein systemrelevantes Unternehmen. Von Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) forderte Jurk mehr "als salbungsvolle Worte" und sagte: "Der Firmensitz ist in München, in Bayern gibt es auch Qimonda-Arbeitsplätze."

Insolvenzverwalter Jaffé hatte zuvor eine staatliche Beteiligung gefordert, da nur so eine drohende Zerschlagung von Qimonda verhindert werden könne. Portugal hatte bereits Bereitschaft signalisiert, 14 Prozent zu übernehmen. Auch Jaffé will sich mit den Gläubigern an einem solchen Konstrukt beteiligen. Noch gehört der Konzern zu fast 80 Prozent Europas zweitgrößtem Chiphersteller Infineon. Qimonda hatte Ende Januar Insolvenz angemeldet. Betroffen sind von der Pleite weltweit 12.000 Mitarbeiter, allein am Standort Dresden rund 3000. Findet sich nicht in letzter Minute ein Käufer, wird die Produktion der Qimonda-Werke Ende des Monats eingestellt.

© SZ vom 20.03.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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