Fallende Preise:China rutscht in die Deflation

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Szene auf einem Markt in Peking. In China sind sowohl die Erzeuger- als auch die Verbraucherpreise im Juli gefallen. (Foto: Tingshu Wang/Reuters)

Laut Statistikamt in Peking sanken die Erzeugerpreise den zehnten Monat in Folge. Im Juli sind nun auch die Verbraucherpreise gefallen. Deflation birgt die Gefahr von Lohnkürzungen und Entlassungen.

Die chinesische Wirtschaft ist in die Deflation gerutscht: Wie das Statistikamt in Peking am Mittwoch mitteilte, sanken die Verbraucherpreise im Juli im Vergleich zum Vorjahr um 0,3 Prozent. Bereits im Juni hatten die Preise nur noch stagniert, nachdem sie im Mai noch leicht um 0,2 Prozent gestiegen waren. Die Erzeugerpreise lagen den zehnten Monat in Folge im Minus und sanken im Juli um 4,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Die Erzeugerpreise sind die Preise, die die Hersteller für ihre Produkte verlangen. Es ist das erste Mal seit November 2020, dass in China sowohl die Verbraucher- als auch die Erzeugerpreise gesunken sind. Deflation ist das Gegenteil von Inflation und bezeichnet einen Rückgang des allgemeinen Preisniveaus.

Die meisten Ökonomen halten eine lang anhaltende Deflation für gefährlicher für die Entwicklung einer Volkswirtschaft als leicht steigende Preise. Zwar profitieren die Verbraucher auf den ersten Blick, weil sie weniger für Waren und Dienstleistungen bezahlen müssen. Eine Deflation drückt aber in der Regel auch auf die Gewinne der Unternehmen und birgt damit zum Beispiel die Gefahr von Lohnkürzungen oder Entlassungen.

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Experten führen den Preisverfall in China unter anderem auf die anhaltend schwache Konsumnachfrage und Probleme am Immobilienmarkt zurück. Nach dem Ende der Corona-Pandemie erholt sich die chinesische Wirtschaft langsamer als von den meisten Ökonomen erwartet.

Nur bedingt Spielraum für Geld- und Fiskalpolitik

Anleger setzen darauf, dass die Daten die chinesische Zentralbank dazu veranlassen werden, geldpolitische Anreize zu setzen, die der Deflation entgegenwirken, wie etwa Zinssenkungen. Die Zentralbank sieht sich jedoch mit einer Reihe von Einschränkungen konfrontiert, wie der geschwächten Währung Yuan und der hohen Verschuldung der Wirtschaft. Auch fiskalische Maßnahmen kommen aufgrund des finanziellen Drucks, mit dem viele lokale Regierungen konfrontiert sind, nur bedingt infrage.

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Das Statistikamt führte den Rückgang der Verbraucherpreise auf die hohe Ausgangsbasis im Vergleich zum Vorjahr zurück und erklärte, der Rückgang sei wahrscheinlich nur vorübergehend, da sich die Verbrauchernachfrage im Juli weiter verbessert habe. "Da die Auswirkungen der hohen Basis des letzten Jahres allmählich abklingen, wird sich der Verbraucherpreisindex wahrscheinlich allmählich erholen", sagte Dong Lijuan, Chefstatistiker des Amts, in einem seltenen Zusatzkommentar zu den offiziellen Daten.

Peking hatte zuvor versucht, das Risiko einer Deflation in der Wirtschaft herunterzuspielen. Einige in China ansässige Analysten sagten, sie seien von den Aufsichtsbehörden angewiesen worden, das Thema nicht öffentlich zu diskutieren. Beamte der Zentralbank hatten vergangene Woche gesagt, China werde in der zweiten Jahreshälfte eine Deflation vermeiden.

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