US-Präsident:Biden bezeichnet China als "tickende Zeitbombe"

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Es ist nicht das erste Mal, dass Biden unbedachte Äußerungen gegen China macht. (Foto: Democratic National Convention V/imago images)

Eigentlich versucht die US-Regierung gerade, ihre Beziehung zu China zu verbessern. Nun jedoch schießt der US-Präsident gegen das Land.

US-Präsident Joe Biden bezeichnete die wirtschaftlichen Probleme Chinas als "tickende Zeitbombe" und die Führer der kommunistischen Partei als "schlechte Leute". Eigentlich hatte seine Regierung versucht, die Beziehungen zu Peking insgesamt zu verbessern. Am Donnerstag sagte Biden bei einer politischen Spendengala, dass China in "Schwierigkeiten" stecke, weil sich das Wachstum des Landes verlangsamt habe und es die "höchste Arbeitslosenquote überhaupt" habe. Außerdem bezeichnete er Präsident Xi Jinpings "Belt and Road Initiative" als "Schulden und Strick"-Programm, da das globale Investitionsprogramm mit einer hohen Kreditvergabe an Entwicklungsländer verbunden sei. "China wuchs mit acht Prozent pro Jahr, um das Wachstum aufrechtzuerhalten, jetzt liegt es bei knapp zwei Prozent pro Jahr", sagte er vor Spendern in Park City, Utah. "Das Land befindet sich in einer Situation, in der die Zahl der Menschen im Rentenalter größer ist als die Zahl der Menschen im arbeitsfähigen Alter", fügte er hinzu. Eine Aussage, die nicht nur falsch ist, sondern auch um hunderte Millionen Menschen daneben liegt.

Bidens Äußerungen gehören zu den direktesten Kritiken, die er bisher an den wichtigsten geopolitischen und wirtschaftlichen Rivalen der USA geübt hat. Der Präsident hatte in der Vergangenheit einerseits versucht, Handelsbeschränkungen einzusetzen, um Chinas militärischen Hightech-Fortschritt zu bremsen, und andererseits eine diplomatische Annäherung an die chinesische Führung zu erreichen, die den Weg für ein mögliches Treffen mit Xi ebnen könnte. Xi wird im November in den USA erwartet, um am APEC-Gipfel teilzunehmen. Noch ist unklar, ob es dazu kommen wird, insbesondere nach Berichten, wonach das Weiße Haus den mit Sanktionen belegten Hongkonger Regierungschef John Lee vom Treffen der 21 asiatisch-pazifischen Volkswirtschaften ausschließen will.

Schon im Juni verglich Biden Xi mit einem "Diktator"

Es ist nicht das erste Mal, dass Biden unbedachte Äußerungen macht, die die Bemühungen seiner Regierung um eine Stabilisierung der Beziehungen zu untergraben drohen. Im Juni, nur einen Tag nachdem US-Außenminister Antony Blinken eine Reise nach Peking zum Abbau der Spannungen beendet hatte, verglich Biden Xi mit einem "Diktator" und stellte die Kontrolle des chinesischen Führers über sein Land und sein Militär in Frage. Es ist unklar, wie Peking auf Bidens jüngste Äußerungen reagieren wird. China nahm die Anspielung auf Xi als Diktator weitgehend gelassen hin und empfing US-Finanzministerin Janet Yellen und den US-Klimabeauftragten John Kerry Wochen später auf getrennten Reisen. Handelsministerin Gina Raimondo, die diesen Monat China besuchen wird, bezeichnete am Donnerstag eine Vereinbarung Chinas, die Beschränkungen für Gruppenreisen in die USA aufzuheben, als einen Gewinn für das Engagement zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt.

Bidens Seitenhiebe auf Chinas 18-Billionen-Dollar-Wirtschaft kommen für Xi jedoch zu einem besonders heiklen Zeitpunkt. Obwohl Biden die wichtigsten Statistiken über China falsch wiedergegeben hatte, bleiben die Aussichten für China insgesamt düster. Das chinesische Bruttoinlandsprodukt wuchs in der ersten Jahreshälfte mit 5,5 Prozent langsamer als erwartet, was zu Befürchtungen über die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft führte. China rutschte im Juli in die Deflation und kämpft mit sinkenden Exporten, hoher Jugendarbeitslosigkeit und einem einbrechenden Immobilienmarkt, durch eine Schuldenkrise der Country Garden Holding. Das Unternehmen, das gemessen am Umsatz einst der größte private Bauträger des Landes war, droht angesichts der Liquiditätsengpässe in der Branche in Konkurs zu gehen.

Die Jugendarbeitslosigkeit in China hat ein Rekordhoch erreicht

Die Regierung Xi hatte zuletzt versucht, negative Wirtschaftsnachrichten zu unterdrücken. Wirtschaftsexperten dürfen etwa das Wort "Deflation" nicht nutzen, wenn sie sich auf den Preisdruck beziehen. Diskussionen über Themen wie die Reform des Privatsektors wurden von den Plattformen der sozialen Medien gelöscht. Die Behörden wiesen diese Woche außerdem Internetfirmen an, schnell gegen verleumderische Kommentare vorzugehen, die sich online gegen Unternehmen richten. Gleichzeitig enthielten Bidens Äußerungen sachliche Ungenauigkeiten und übertrieben einige der Probleme Chinas.

Einer Bloomberg-Umfrage unter Wirtschaftswissenschaftlern vom Juli zufolge wird die chinesische Wirtschaft in diesem Jahr um 5,2 Prozent wachsen, selbst nach einem schwachen Konsum und einem Einbruch des Immobilienmarktes. Im Vergleich dazu wird für die US-Wirtschaft in diesem Jahr ein Wachstum von 1,6 Prozent prognostiziert, so die Wirtschaftsexperten. Obwohl sich Chinas jährliches Wirtschaftswachstum von über zehn Prozent in den 2000er Jahren deutlich verlangsamt hat, haben die Behörden erklärt, dass sie eine "qualitativ hochwertige" Entwicklung anstreben und sich damit von einem infrastruktur- und immobilienabhängigen Wachstumsmodell abwenden wollen. Das hat das kurzfristige Wachstum belastet, könnte aber eine nachhaltigere Entwicklung bedeuten. Chinas offizielle städtische Arbeitslosenquote lag in den letzten Monaten bei 5,2 Prozent, verglichen mit der Arbeitslosenquote in der Eurozone von 6,4 Prozent im Juni. Die Jugendarbeitslosigkeit in China hat jedoch ein Rekordhoch von über 20 Prozent erreicht.

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