Direktinvestitionen:Deutsche Unternehmen investieren so viel in China wie nie zuvor

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Das Werk des deutschen Kabelriesen Leoni in Changzhou in Ostchinas Provinz Jiangsu. (Foto: -/dpa)

Lieber in anderen Ländern Fabriken aufbauen, weniger in China, die Abhängigkeit reduzieren. So heißt es seit Monaten von deutschen Politikern und Firmen. Doch nun legt das Institut der deutschen Wirtschaft Zahlen vor, die dem zu widersprechen scheinen.

Die Abhängigkeit vom übermächtigen Handelspartner China reduzieren, Handelsbeziehungen in wichtigen Branchen diversifizieren und Investitionen breiter streuen - das wurde in den vergangenen Monaten häufig von Vertretern aus der Politik gefordert. De-Risking, also das Reduzieren von Risiken, ist entsprechend eines der wichtigsten Schlagwörter in der China-Strategie der Bundesregierung. Hintergrund ist die Gefahr eines Taiwan-Krieges, der Sanktionen gegen Peking ähnlich denen gegen Russland infolge der Ukraine-Invasion nach sich ziehen und Lieferketten stören könnte.

Nun kommt jedoch eine Meldung, die mit dieser Strategie zunächst in Widerspruch zu stehen scheint. Laut einer Studie gab es im vergangenen Jahr einen Rekord bei den deutschen Direktinvestitionen in China. Sie summierten sich 2023 auf 11, 9 Milliarden Euro, ein Plus von mehr als vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Die Studie stammt vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln und basiert auf Zahlen der Bundesbank. "Das ist ein neuer Höchstwert - nach ohnehin schon hohen Werten in den beiden Vorjahren", sagte IW-Experte Jürgen Matthes. Allein von 2021 bis 2023 hätten deutsche Firmen damit genauso viel neu in China investiert wie in den Jahren 2015 bis 2020.

Gespaltenes Bild, was das China-Engagement angeht

Der Anteil Chinas an allen ausländischen Direktinvestitionen der deutschen Wirtschaft ist demnach im vergangenen Jahr gestiegen und betrug 10,3 Prozent. Er habe damit erstmals seit 2014 wieder die Zehn-Prozent-Marke überschritten. Das habe auch damit zu tun, dass der Wert der deutschen Direktinvestitionen im Ausland von knapp 170 Milliarden auf 116 Milliarden Euro zurückging.

Dem IW zufolge zeigt sich ein gespaltetes Bild, was das Engagement deutscher Unternehmen in China angeht. "Auf der einen Seite stehen die neuen Investitionen in China insgesamt, die in der Gesamtschau allein aus den dort erwirtschafteten Gewinnen finanziert werden", sagte Matthes, der beim IW den Bereich Internationale Wirtschaftspolitik, Finanz- und Immobilienmärkte leitet. "Auf der anderen Seite gibt es in den letzten vier Jahren offensichtlich auch Absetzbewegungen aus China." Das zeigten die negativen Werte für die "Sonstigen Komponenten", unter denen das Beteiligungskapital meist eine besondere Rolle spiele. So zeige eine frühere IW-Studie mit Werten bis 2022, dass in den vergangenen Jahren mehr an Unternehmensbeteiligungen in China abgebaut als durch Geldströme aus Deutschland neu aufgebaut worden seien.

Die Zahlen der Bundesbank erlaubten zwar in diesem Punkt keinen genaueren Einblick. Es sei jedoch zu vermuten, so Matthes, "dass es weiterhin eine Spaltung zwischen wenigen Großunternehmen" gebe, die noch immer stark engagiert in China seien und "dem Gros der Mittelständler", die sich tendenziell eher zurückzögen.

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