Studie:Bundesbank warnt vor Problemen bei Bargeldversorgung

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Mit Handy oder Geldkarte ist es meist bequemer, doch noch immer schätzen viele Deutsche die Barzahlung. (Foto: Jens Kalaene/dpa)

Welche Rolle Bargeld in Zukunft noch haben könnte, hat die Bundesbank erstmals untersucht. Für Anhänger von Münzen und Scheinen sind die Ergebnisse ernüchternd.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die Bundesbank befürchtet, dass eine ausreichende Bargeldversorgung in Deutschland in einigen Jahren nicht mehr gewährleistet sein könnte. Hintergrund ist die sinkende Anzahl von Bankfilialen und Geldautomaten, wo sich Kunden mit Bargeld versorgen können, so das Ergebnis einer Studie zur Frage, welche Rolle Bargeld künftig spielen könnte.

In ihrer ersten Untersuchung dieser Art, die am Mittwoch publiziert wurde, skizziert die Bundesbank drei Szenarien für das Bezahlen mit Bargeld im Jahr 2037. "In keinem Zukunftsszenario verschwindet das Bargeld komplett", sagte Burkhard Balz, Mitglied im Vorstand der Bundesbank. "Doch in zwei von drei Bezahlwelten wären der Zugang zu Bargeld und die Akzeptanz nicht voll gewährleistet."

Bargeld hat in Deutschland einen höheren Stellenwert als in anderen Ländern

Die Bundesbank ist gesetzlich verpflichtet, eine ausreichende Bargeldversorgung sicherzustellen, damit die Menschen entscheiden können, ob sie bar oder digital bezahlen. Allerdings könnte die zunehmende Digitalisierung der Gesellschaft dazu führen, dass etwa Restaurants nur noch Kartenzahlung akzeptieren. Bargeld ist einerseits gesetzliches Zahlungsmittel, andererseits gilt die Vertragsfreiheit: Händler könnten die Annahme von Bargeld verweigern, wenn sie dies zuvor mit dem Kunden vereinbaren, etwa durch einen entsprechenden Aushang am Eingang des Geschäfts. Bislang geschieht dies in Deutschland selten, in Skandinavien ist der bargeldlose Zahlungsverkehr hingegen weit verbreitet.

"Bargeld ist nicht nur unsere Kernaufgabe, sondern auch unser Kernprodukt. Das möchten wir weiter sehr attraktiv halten", sagte Balz. Die Bargeldnutzung werde zwar weiter abnehmen, doch in Deutschland habe Bargeld einen höheren Stellenwert als in anderen europäischen Staaten, so Balz. Der Einsatz von Scheinen und Münzen verspricht vielen Bürgern hierzulande mehr Sicherheit. Sie bunkern zu Hause im Safe oder Schuhkarton eiserne Reserven für schlechte Zeiten. Nicht ohne Grund: Die Finanzkrise 2008 hat gezeigt, wie schnell im Ernstfall die Menschen vor der Bank Schlange stehen müssen, um an Bares zu kommen. Doch insgesamt geht der Einsatz von Bargeld zurück. Zu bequem sind der Einsatz einer Bezahlkarte oder des Handys, was vor allem die jüngeren Menschen zu schätzen wissen.

Die Bundesbank hat drei Szenarien skizziert

Die Bundesbank hat die Zukunft des Bezahlens in ihrer Studie mit drei Szenarien skizziert. Das Szenario "Die hyperdigitale Bezahlwelt" beschreibt eine sehr digitalisierte Welt, in der Bargeld aus dem Alltag der meisten Menschen beinahe verschwunden ist, es nur noch wenige Bankfilialen oder Geldautomaten gibt und auch das Geldabheben an der Ladenkasse nicht mehr möglich ist, da man im Handel kaum noch bar bezahlen kann. Das Szenario "Die Bezahlwelt in der Bargeld-Renaissance" beschreibt eine teilweise Rückbesinnung auf das Bargeld und seine Vorzüge. Die Bargeldnutzung ist in diesem Szenario zunächst gesunken, stabilisiert sich aber in den 2030er-Jahren. Das Szenario "Die verschwindende hybride Bezahlwelt" spiegelt ein Umfeld wider, in dem die Nutzung von Bargeld sehr stark von den Lebensumständen der Menschen abhängt. Im Handel wird die Kundschaft zu bargeldloser Zahlung ermutigt. Der Zugang zu Bargeld verschlechtert sich stetig und die Bargeldnutzung schleicht sich aus.

"Damit wäre in zwei Szenarien die Wahlfreiheit beim Bezahlen praktisch nicht gegeben und die Stabilisierungsfunktion von Bargeld in Krisenzeiten gefährdet", sagte Balz. "In der repräsentativen Umfrage gaben 93 Prozent der Befragten an, dass sie auch in Zukunft selbst entscheiden möchten, ob sie bar oder unbar bezahlen", so Balz. Um das zu gewährleisten, müssten alle Akteure des Bargeldkreislaufs und die Politik handeln. "Wir schaffen das nicht allein", sagte Balz.

Gleichzeitig arbeiten Europäische Zentralbank, Bundesbank und die anderen Notenbanken der Währungsunion an der Einführung des digitalen Euro. Mit dessen Einführung wird frühestens 2026 gerechnet. Der digitale Euro soll das Bargeld ergänzen - und nicht ersetzen. EZB-Chefin Christine Lagarde hat vor einigen Monaten die "Vorbereitungsphase" des ambitionierten Projekts eingeleitet. "Wir müssen unsere Währung auf die Zukunft vorbereiten", sagte sie. "Wir sehen einen digitalen Euro als eine digitale Form von Bargeld, mit der sämtliche digitale Zahlungen kostenlos möglich sind und die gleichzeitig die höchsten Datenschutzstandards erfüllt." Auch andere Notenbanken entwickeln digitale Währungen, die jedoch nach Meinung vieler Menschen einen Nachteil haben: Sie hinterlassen Spuren, während der Einsatz von klassischem Bargeld die persönliche Anonymität sichert: Man kann Dinge kaufen, ohne eine Zahlungsfährte zu hinterlassen.

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