Schnellere Planung:Was Bund und Länder alles beschleunigen wollen

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Einheitliche Standards sollen den Bau von Windkrafträdern erleichtern. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Baugenehmigungen, Windräder, Mobilfunkmasten: ein Planungspakt soll Deutschlands Behörden schneller machen. Nicht alle sind glücklich damit.

Von Michael Bauchmüller und Philipp Saul

Robert Habeck hat seine Leute in den Dschungel geschickt, und herausgekommen sind sie mit jeder Menge Kleinholz. Allein 80 Berichts- und Informationspflichten haben sie gefunden, die sich bündeln oder ganz abschaffen lassen. Bei weiteren 60 werde derlei Bürokratieabbau noch geprüft - per "Praxis-Check". Es sei "ein langer Prozess, der aber alle Mühen lohnt", sagt der grüne Wirtschaftsminister, als er die Ergebnisse am Dienstag vorstellt. Weshalb sich die Idee solcher Praxis-Checks nun auch in dem Beschleunigungspakt wiederfindet, den Bund und Länder am Dienstag geschlossen haben. Und das ist nur ein Punkt von vielen.

Wochenlang hatten Bund und Länder über diesen Pakt verhandelt, das Ergebnis findet sich nun auf 28 Seiten. Teils sollen damit behördliche Verfahren in sich beschleunigt werden, teils auch ganz bestimmte Vorhaben. So sollen Bund und Länder ebenfalls in den Dschungel gehen. "Bisherige und auch jüngst geschaffene Verfahrensschritte sind zu evaluieren", verlangt der Pakt. Künftig sollten alle Prüfungen "auf das erforderliche Maß" reduziert werden. Wo Neues geplant wird, sollen alle beteiligten Behörden eng kooperieren und möglichst parallel arbeiten. Was sich digitalisieren lässt, soll digitalisiert werden.

Auch Doppelarbeit soll sich so vermeiden lassen. So soll ein "digitales Portal für Umweltdaten" entstehen, in dem Erkenntnisse über Umweltfolgen gesammelt werden, plus eine Datenbank mit Gutachten dazu. Die Folgen von Bauvorhaben für den Artenschutz, sei es bei Straßen, Industrieanlagen oder Stromleitungen, sollen sich an gesetzlich festgelegten "Artenschutzstandards" orientieren. Beim Ausbau der Windkraft, der häufig auch in Konflikt mit dem Vogelschutz gerät, gibt es solche Standards schon.

Daneben tritt eine Reihe von Sonderregelungen. So sollen Bauanträge vom kommenden Jahr an digital gestellt und bearbeitet werden können. Die Harmonisierung der verschiedenen Landesbauordnungen, seit Jahren schon gefordert, bezeichnet das Papier als "sinnvoll". Auch hier sollen mehr Standardisierungen helfen, die Verfahren zu beschleunigen. Der Umbau von Dachgeschossen zu Wohnzwecken etwa soll grundsätzlich genehmigungsfrei geschehen dürfen.

Auch die Hürden für Schwertransporte, wie sie zuletzt nicht nur die Hersteller von Windrädern plagten, sollen schrumpfen. Bund und Länder wollen hier enger zusammenarbeiten. Der Bau von Mobilfunkmasten soll leichter werden, auch dies durch einheitliche Standards. Künftig sollen auch die Türme von Windrädern grundsätzlich als Mobilfunkmasten dienen dürfen.

Kritiker fürchten Nachteile für den Umweltschutz

Da viele der betroffenen Verfahren in Länderbehörden ablaufen, die dafür Personal brauchen, verlangen sie 500 Millionen Euro Umsatzsteuer vom Bund, über deren Anteil an der Umsatzsteuer. Zugleich wollen Bund und Länder "flexible Poollösungen" prüfen, über die Personal mit dringend nötigen Qualifikationen "systematisch bereitgestellt" werden kann.

Vor allem die Wirtschaft ist begeistert von dem Pakt, der Chemieverband VCI etwa nennt ihn den "lang erwarteten großen Wurf". Zu lange seien langsame, komplizierte Verfahren "ein Nadelöhr" gewesen. Habeck selbst sprach am Dienstag von einem "großen Pakt". Doch das sehen nicht einmal in Habecks Partei alle so. "Mit diesen Vorschlägen wird nicht beschleunigt, sondern einfach nur Umweltschutz abgebaut", sagt etwa der grüne Umweltpolitiker Jan-Niclas Gesenhues. Planungsverfahren würden damit "schlechter und klageanfälliger". Der Naturschutzbund Nabu warnte vor einem "Angriff auf Umweltstandards".

Allerdings war ein noch schärferer Angriff unterblieben, offenbar auch durch Gegenwehr von Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne). Ursprünglich wollten Bund und Länder auch die Klagebefugnisse der Umweltverbände beschneiden, um Verfahren zu beschleunigen. Dieser Passus verschwand aus der finalen Fassung des Paktes.

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