Die Löhne in Deutschland sind erstmals seit Jahren wieder gesunken. Grund dafür ist die Corona-Krise und die dadurch bedingte Kurzarbeit. Damit gingen die Nominal- und Reallöhne im vorigen Jahr zum ersten Mal seit der statistischen Erhebung im Jahr 2007 zurück. Sogar in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 waren die Verdienste der Beschäftigten gestiegen, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden berichtet.
Demnach sanken 2020 die Bruttomonatsverdienste einschließlich Sonderzahlungen um 0,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Da die Verbraucherpreise um knapp 0,5 Prozent stiegen, gingen die Reallöhne sogar um durchschnittlich ein Prozent zurück. Das Lohnminus wurde vor allem durch die Verringerung der Arbeitszeit infolge der Kurzarbeit verursacht. Das Kurzarbeitergeld, das einen Teil der Einkommensverluste abfedert, ist in der Statistik nicht berücksichtigt.
Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung ermittelte kürzlich, dass die Tariflöhne im vorigen Jahr dagegen gestiegen sind, wenn auch deutlich weniger stark als in den Vorjahren. "Berücksichtigt man nur die Neuabschlüsse aus dem Jahr 2020, so fallen die Lohnzuwächse mit 1,5 Prozent spürbar niedriger aus. Die bereits in den Vorjahren vereinbarten längerfristigen Lohnabschlüsse schlagen 2020 hingegen mit einer Erhöhung von 2,6 Prozent zu Buche", hieß es in der Mitteilung. In der laufenden Tarifrunde werde es neben der Sicherung von Einkommen vor allem um den Erhalt von Beschäftigung gehen.
Das ebenfalls gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) warnt jedoch vor einer übermäßigen Lohnzurückhaltung. "Es muss auf jeden Fall vermieden werden, dass die Erwartungen wieder steigender Lohneinkommen beschädigt werden - so wie das in den frühen 2000er-Jahren passiert ist", sagte der Wissenschaftliche Direktor des IMK, Sebastian Dullien, der Nachrichtenagentur Reuters.
Die Konjunkturerwartungen haben sich in diesem Jahr wieder deutlich verbessert. Das Stimmungsbarometer des Mannheimer Forschungsinstituts ZEW etwa stieg im Februar gegenüber dem Vormonat um 9,4 Punkte auf 71,2 Punkte, wie das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung mitteilte. Auch das IMK rechnet in diesem Jahr wieder mit einer Erholung.