BMW: Zoff mit GM-Nachfolgekonzern:Rosenkrieg im Elsass

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Die gemeinsame Getriebeproduktion von BMW und dem GM-Nachfolgekonzern soll bald Geschichte sein. Die Münchner wollen aussteigen - und riskieren eine Milliardenklage.

Thomas Fromm

Im Streit mit der insolventen Nachfolgeorganisation von General Motors, der Motors Liquidation Company (MLC), wegen möglicher Stornierungen milliardenschwerer Getriebeaufträge geht der Autoherstellers BMW nun in die Offensive. Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung setzte der Einkaufschef des Münchner Autobauers, Herbert Diess, dem Partner ein Ultimatum: "Wir haben uns entschlossen, bei anderen Herstellern nach Alternativen zu suchen. Wenn es keine technologische Weiterentwicklung gibt, steigen wir aus dem Projekt aus."

Ärger für BMW: Dem deutschen Autohersteller droht eine Milliardenklage von Seiten der GM-Nachfolgeorganisation. (Foto: Foto: AP)

Dem Hersteller von Premiumautos droht nach Einschätzung von Branchenexperten eine Milliardenklage von Seiten der Amerikaner. Eine Klageschrift der Liquidationsgesellschaft liege BMW aber bisher nicht vor, sagte Diess. MLC will von BMW entweder eine Erfüllung des Vertrages oder Schadensersatzzahlungen für die ausfallende Produktion. Nach einem möglichen Verlust des BMW-Vertrages, so heißt es, gerate das Werk Straßburg in massive Existenzprobleme. BMW behauptet dagegen, das Werk werde ohnehin geschlossen oder verkauft. Unter anderem werde darüber nachgedacht, die Tochter nach China zu verkaufen, heißt es bei BMW.

BMW wirft dem US-Partner vor, veraltete Getriebe zu konzipieren, die nicht mehr wettbewerbsfähig seien - daher wolle man sich notfalls aus dem Projekt zurückziehen. "Leider haben wir keine Zusage bekommen, dass die Getriebe jetzt technisch weiterentwickelt werden", so Diess. "Dies aber ist wiederum notwendig, da wir mit Hilfe moderner Technologien Umweltauflagen einhalten müssen. So ist zum Beispiel die Start-Stopp-Automatik ein Hebel, um CO2-Emissionen zu reduzieren."

Hintergrund des Streits: Seit fast 20 Jahren entwickelt und baut die GM-Tochter Powertrain für BMW Vier- und Fünfganggetriebe. 2004 hatten die Münchner für das Werk Straßburg eine Sechsgang-Automatik unter anderem für Mittelklasseautos in Auftrag gegeben. Bei einem geplanten Volumen von bis zu 200.000 Einheiten pro Jahr war dies für die Amerikaner ein wichtiger Auftrag, auch um das Überleben des Getriebewerkes in Straßburg zu sichern. Der gesamte Vertrag soll inklusive Entwicklungskosten einen Wert von mehr als einer Milliarde Euro haben.

Kein Teil von New GM

Was beim Abschluss noch nicht vorhersehbar war: Die sich zuspitzende Krise am Automobilmarkt und der schwere Absturz von GM, der im vergangenen Frühjahr in einer 40-tägigen Insolvenz mündete - und einer Teilung der GM-Aktivitäten. Strassburg ist das einzige Getriebewerk aus dem Unternehmen, das nicht in den "neuen GM-Konzern" überführt wurde. In das sogenannte "New GM" waren im vergangenen Jahr die wertvollsten Sparten und Marken zusammengeführt wurden. Die restlichen Teile - also auch die Fertigung in Straßburg - gehören heute zur MLC und sollen früher oder später abgewickelt werden: alte Werke und Maschinen, und auch die aufgelaufenen Verbindlichkeiten.

Hier setzen die Münchner an: "Wir haben, ehrlich gesagt, Sorge um unsere Versorgungssicherheit, weil es sich um ein Unternehmen handelt, das sich in Liquidation befindet - also im Prinzip insolvent ist", sagt Diess. Man arbeite "de facto mit einem Abwickler zusammen".

Gekündigt worden seien die Aufträge bei MLC entgegen anderslautender Berichte Diess zufolge bisher noch nicht. "Ein solcher Ausstieg findet nicht von heute auf morgen statt", sagte er. "So etwas zieht sich über einen längeren Zeitraum hin, da wir erst die Entwicklung einzelner Fahrzeuge anpassen müssen."

Das Projekt stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Geplant war der Produktionsstart bereits für 2008.

© SZ vom 06.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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