Blohm + Voss:Araber kaufen deutsche Traditionswerft

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Retter aus Arabien: Thyssen-Krupp gibt große Teile seiner maroden Traditionswerft Blohm + Voss ab - nach Abu Dhabi. Die IG Metall ist entsetzt und bangt um Arbeitsplätze.

Arabisches Flair an der Hamburger Elbe: Ein Investor aus Abu Dhabi steigt im großen Stil bei der Traditionswerft Blohm + Voss ein. Vorgesehen ist ein Zusammenschluss mit der Abu Dhabi MAR Group in einem 50 zu 50 Joint Venture für den Bau von Marineschiffen, teilte das zur Marine-Sparte von ThyssenKrupp gehörende Unternehmen mit.

Neuer Investor an Bord: Die Traditionswerft Blohm + Voss geht zu großen Teilen an die Abu Dhabi MAR Group. (Foto: Foto: ddp)

Die Führung bei allen Projekten der Deutschen Marine und der Nato-Partner behält allerdings Thyssen-Krupp. In diesem Bereich ist ein Joint Venture geplant mit dem Namen Blohm + Voss Naval. Abu Dhabi MAR sei künftig für den Nahen Osten und Nordafrika verantwortlich, hieß es.

"Unser Partner aus Abu Dhabi hat konkrete Aufträge an der Hand, sowohl im Militär- als auch im Yachtbereich", sagte ThyssenKrupp-Vorstandsmitglied Olaf Berlien. "Das ist nicht der Anfang des endgültigen Ausstiegs aus dem Schiffbau, sondern eine Lösung für die derzeitige Auftragsflaute." Der Marine-Schiffbau von ThyssenKrupp habe seit elf Jahren keinen Auftrag aus dem Ausland erhalten, die vier von der Bundesregierung bestellten Fregatten lasteten den Konzern nicht aus. Bei Luxus-Yachten sei das Unternehmen bis vor Kurzem auf fünf Jahre ausgelastet gewesen, nun hätten Kunden aber alle Aufträge storniert. "Den Bereich hätten wir ohne die Lösung mit Abu Dhabi Weihnachten zumachen müssen."

Die IG Metall kritisierte die Pläne scharf. "Wir sehen darin eine große Gefahr für die Beschäftigten. Auslastungslücken im militärischen Bereich lassen sich künftig nicht mehr mit zivilen Aufträgen ausgleichen", sagte Hamburgs Erster Bevollmächtigter Eckard Scholz. ThyssenKrupp widersprach. "Die Beschäftigung sollte besser werden und ich hoffe, dass auch die Zahl der Arbeitsplätze hochgeht", sagte Berlien.

Der in den vergangenen Monaten mit knapp einer Milliarde Euro ins Minus gestürzte Stahlkonzern ThyssenKrupp erwägt seit geraumer Zeit sich von Teilen seiner Marinesparte ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) zu trennen. Blohm + Voss ist seit dem Jahr 2005 in den Werftenverband TKMS integriert.

Abu Dhabi MAR gehört ThyssenKrupp zufolge zu den führenden Schiffbauern der Golf-Region und beschäftigt weltweit 2000 Mitarbeiter. In den drei Gesellschaften von Blohm + Voss für den Bau von Yachten, den Reparaturbetrieb und den Bau Schiffskomponenten sind rund 1700 Mitarbeiter beschäftigt.

Flaute im deutschen Schiffbau

Die Kaufvereinbarung sieht außerdem einen Einstieg der Abu Dhabi MAR Group in die Bereiche Mega-Yachten, Reparatur und Schiffskomponenten vor. Dazu planen die Investoren vom Persischen Golf den Erwerb eines Mehrheitsanteils von jeweils 80 Prozent an den Gesellschaften von Blohm + Voss.

Zum Kaufspreis wollte TKMS keine Angaben machen; die Aufsichtsgremien müssen dem Deal noch zustimmen.

Wegen der Flaute im Schiffbau hatte ThyssenKrupp erst vor wenigen Wochen die Mehrheit an den Nordseewerken Emden an den Windkraftanlagen Siag Schaaf Industrie verkauft.

Der Schiffbau in Deutschland steckt in der größten Auftragsflaute seit Jahrzehnten. Binnen Jahresfrist haben fünf Werften Insolvenz angemeldet. Viele Aufträge sind storniert worden. ThyssenKrupp hatte bereits den Bau mehrerer Yachten und Containerschiffe gestoppt.

© sueddeutsche.de/AP/Reuters/tjon - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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