Interboot 2009:Warten auf Rückenwind

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Zu den Trends der Interboot in Friedrichshafen gehören die Zehn-Meter-Yachten. Allerdings regiert bei den Werften eher das Prinzip Hoffnung.

Klaus Bartels

Der Projektleiter der Interboot heißt Dirk Kreidenweiß. Und als er vor wenigen Wochen die erste Liste der Ausstelleranmeldungen für die Wassersportmesse in Friedrichshafen sah, soll er, so wird kolportiert, seinem Namen alle Ehre gemacht haben - er wurde kreideweiß. Denn noch kurz vor der Eröffnung der Interboot lagen gerade mal 350 Anmeldungen vor. Ein deutliches Zeichen dafür, dass die konjunkturelle Krise auch in der Bootsbranche ihre Spuren hinterlässt. Erst auf der Zielgeraden konnten die Messeveranstalter noch kräftig zulegen: 510 Aussteller zeigen noch bis zum kommenden Sonntag alles rund um den Wassersport - nur 30 weniger als im Jahr zuvor.

Als erste Bootsausstellung der Messesaison 2009/2010 in Deutschland ist die Interboot traditionell Gradmesser für das zu erwartende Kaufverhalten der umkämpften Kundschaft. Und so beherrscht im überwiegenden Teil der Bootsbranche das Prinzip Hoffnung die Stimmung. Das macht die aktuelle Befragung des Deutschen Boots- und Schiffbauer-Verbandes (DBSV) bei seinen 426 Mitgliedsunternehmen zur wirtschaftlichen Lage deutlich. Danach beklagen mehr als 37 Prozent der befragten Firmen eine schlechtere wirtschaftliche Situation als im Vorjahr.

Dabei ist der Einbruch im Bootsbau mit 26 Prozent am geringsten, beim Zubehör mit fast 52 Prozent am höchsten. Besonders deutlich wird die schwierige Situation beim Auftragsbestand: In 46 von 100 Firmen sind die Aufträge rückläufig; 2008 meldeten nur 22 von 100 Unternehmen eine Verringerung. Das Konjunkturbarometer des DBSV hat aber auch einen positiven Aspekt - für die Verbraucher. Die Preise bleiben stabil, und zwölf Prozent der Firmen wollen sie sogar senken.

Immerhin zeigt sich in den Messehallen, dass auch trotz der angespannten wirtschaftlichen Situation der Branche die Markenvielfalt erhalten geblieben ist. Die Bootsmesse gibt sich mit Ausstellern aus immerhin 25 Nationen international und präsentiert den neuesten Trend. Und der weist nach vielen Jahren der Nachfrage nach immer größeren Segelyachten zurück zur Yacht um zehn Meter Länge.

Diese modernen Segelboote werden heute als Performance Cruiser angeboten - sportlich zu segelnde Yachten, die sich mit zwei Doppelkojen und einer Einrichtung wie in kleinen Appartements für längere Urlaubstörns eignen. Darüber hinaus hat sich der Preiskampf der Serienwerften verschärft, wie allein ein Blick auf die beiden Premierenyachten in der Zehn-Meter-Klasse deutlich macht: Bavaria 32 Cruiser und Hanse 320 Smart Line.

Bisher unterbot Bavaria Yachtbau in Giebelstadt stets die Preise der Konkurrenten. Möglich wurde das durch den konsequenten industriellen Serienyachtbau. So beginnen die Preise für die neue 9,99 Meter lange Bavaria Cruiser 32, die aus dem für schnelle Rümpfe bekannten Konstruktionsbüro von Bruce Farr stammt, bei 64.140 Euro. Die Hanse Group aus Greifswald hält mit ihrer nur in geringer Stückzahl gebauten Hanse 320 Smart Line dagegen; in segelfertiger Ausführung sind wenigstens 63.665 Euro aufgerufen. Die 9,55 Meter lange Yacht stammt aus der Feder des Bremerhavener Designbüros Judel/Vrolijk & Co. - ein Büro, das als Konstrukteur des America's-Cup-Gewinners Alinghi international bekannt wurde.

Das Segelpotential, das Raumangebot und auch die Einrichtung beider Yachten sind ähnlich. Die Werften wenden sich mit diesem Angebot nicht nur an Einsteiger, sondern auch an Umsteiger von größeren Yachten, die die Unterhaltskosten minimieren wollen. Beide Boote präsentieren das untere Preissegment dieser Klasse.

Aber wie beim Autokauf, bei dem man zwischen Škoda oder Mercedes entscheiden kann, gibt es auch hier Unterschiede. So präsentiert im Segment der Zehn-Meter-Yachten die schwedische Edelwerft Hallberg Rassy mit ihrer neuen, 9,50 Meter langen HR 310 so etwas wie die Oberklasse auf der Interboot. Die handwerklich aufwendig gebaute Premierenyacht aus Schweden kostet fast 140.000 Euro.

Eignern, die mit rund 302.000 Euro deutlich mehr investieren wollen, bietet sich die 16,16 Meter lange Bavaria 55 Cruiser an. Auch diese Interboot-Premiere stammt vom Konstruktionsbüro Farr Yacht Design, verspricht mit einer Verdrängung von 15,5 Tonnen und der Segelfläche am Wind von knapp 150 Quadratmetern hohes Geschwindigkeitspotential. Darüber hinaus findet sich in der 4,75 Meter breiten Hochseeyacht, die mit bis zu neun Kojen angeboten wird, eine Inneneinrichtung, die von BMWDesignworks stammt.

Beim Rundgang über die Interboot aber fällt auf, dass Bavaria auch mit ihrem Flaggschiff preislich kein Alleinstellungsmerkmal mehr hat. So präsentiert Bénéteau in Friedrichshafen mit der 16,70 Meter langen Oceanis 54 eine Hochseeserienyacht für rund 308.000 Euro. Als Zielgruppe hat man nicht nur Vercharterer ausgemacht, sondern auch jene, die eine gut ausgestattete und ausgeglichene Yacht im XL-Format suchen.

Dass man auch für viel weniger Geld Spaß haben kann, zeigt der 4,25 Meter lange Katamaran Wincat, der auf dem Auto transportiert und am Strand ohne Werkzeug zusammengebaut werden kann. Der Kunststoff-Zweirümpfer trägt ein abgestagtes Surfrigg und kostet knapp 4000 Euro.

© SZ vom 21.9.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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