Bierwerbung:Wenn Bayern draufsteht, aber Hessen drin ist

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Maßkrüge mit frisch gezapftem Bier an einem Bierausschank auf dem Münchner Viktualienmarkt. (Foto: Robert Haas)

Die Benediktinermönche aus Ettal bewerben ein Helles mit bayerischer Idylle, obwohl es in Hessen gebraut wird. Ob das erlaubt ist, muss nun ein Gericht entscheiden.

Von Benjamin Emonts

Helles aus Bayern erobert inzwischen selbst Pilshochburgen wie Hamburg oder Berlin. In den Kühlschränken der Spätis dort findet man massenweise Biere aus bayerischen Ortschaften wie München, Scheyern, Andechs, Starnberg oder Tegernsee. Auf den Etiketten der typisch braunen, meist bauchigen Flaschen sind all die Sehnsuchtsmotive zu sehen: die bayerischen Alpen, historische Klöster, Mönche, Gebirgsseen, der weiß-blaue Himmel. Wer Helles aus Bayern kauft, so lautet die Marketingbotschaft, der kauft ein Stück Heimat.

Speziell regionale Brauereien profitieren von diesem sauberen Image, sagen Analysten des Marktforschungsinstituts Rheingold. Die Sehnsuchtsorte verkörpern demnach ein Gefühl von Freiheit und Authentizität, das die Kundinnen und Kunden auf den Geschmack bringt, freilich gepaart mit einer gewissen Süffigkeit des hellen Bieres. Es schmeckt weniger herb und milder als Pils, das seit einigen Jahren bei knapp 50 Prozent Marktanteil stagniert. Der bundesweite Absatz von Hellbier hingegen hat sich in den vergangenen zehn Jahren fast verdoppelt. Hier lag der Marktanteil Ende 2021 bei 8,9 Prozent, das macht im Ranking aller Biersorten bereits Platz zwei.

Aber Obacht, das Hellbier kann mitunter einen faden Beigeschmack entwickeln. Denn manchmal stellt sich die Frage: Ist auch wirklich Bayern drin, wo Bayern draufsteht?

Entzündet hat sich die Debatte in diesen Tagen an einem Bier namens "Benediktiner Hell", das nach Bayern klingt, aber aus Hessen kommt. Die Benediktinermönche aus dem oberbayerischen Kloster Ettal kooperieren mit der Bitburger Braugruppe, sie bewerben ihre Produkte mit den Alpen und der Silhouette des Klosters, kurzum: mit bayerischen Heimatgefühlen. Doch gebraut werden die Biere unter dem "Benediktiner"-Label nicht im Voralpenland, sondern im hessischen Lich.

Das Kloster Ettal ist Ziel des Seniorenausflugs der Gemeinde Icking. (Foto: Lino Mirgeler/dpa)

Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, im Volksmund auch "Wettbewerbszentrale" genannt, wittert nun Kundentäuschung. Sie hat am Landgericht München gegen die Benediktiner Weissbräu GmbH auf Unterlassung geklagt. Konkret wirft sie laut Gericht der Brauerei eine "irreführend gestaltete Produktausstattung" vor. Die Werbung mit den bayerischen Alpen und dem Kloster erwecke den Eindruck, es handle sich um ein Bier, das in Bayern produziert wird. Der Verbraucher werde getäuscht.

Hellbier wird zunehmend auch außerhalb Bayerns gebraut

Handelt sich also um eine Mogelpackung? Wird hier bayerisches Heimatgefühl suggeriert, um die Verkaufszahlen anzukurbeln? Die Bitburger Braugruppe macht grundsätzlich kein Geheimnis daraus, dass die "Benediktiner-Biere" größtenteils in Hessen gebraut werden. Es steht so auch auf dem Etikett. Gegen die Anschuldigungen wehren sich die Mönche und die Brauerei. Sie vertreten die Ansicht, die Hinweise auf die Ortschaft Ettal seien zulässig, weil sich dort der Geschäftssitz des Unternehmens, der Benediktiner Weissbräu GmbH, befinde. Kooperationen seien außerdem völlig normal in der Branche, heißt es. Das Bier werde vertraglich nach der Originalrezeptur der Mönche gebraut. "Die Einhaltung der benediktinischen Prinzipien überwachen die Mönche höchstpersönlich", hieß es in einer früheren Nachricht.

Eine Entscheidung fällen die Richter in München erst am 14. Juli. Doch egal wie das Urteil lautet: Bayerische Traditionalisten und Heimatpfleger müssen sich wohl damit abfinden, dass Hellbier immer öfter auch außerhalb des Freistaats kredenzt wird. Der rasante Aufstieg der Biersorte hat vielerorts Begehrlichkeiten geweckt. Die Kooperationen zwischen bayerischen und auswärtigen Brauereien nehmen zu, Nachahmungen ebenfalls. Veltins aus dem Sauerland braut zum Beispiel ein eigenes Helles namens Pülleken.

Die Hellbiere, die nicht in Bayern gebraut werden, lassen sich jedoch entlarven. Im Jahr 2001 hat der Bayerische Brauerbund erwirkt, dass "Bayerisches Bier" als "geschützte geografische Angabe" in der Europäischen Union unter Schutz steht wie etwa Schwarzwälder Schinken oder Parmigiano Reggiano. "Wir sind für Klarheit auf dem Etikett und Wahrheit vor dem Verbraucher", sagt Geschäftsführer Walter König. Man erkennt das bayerische Bier an einem blaugelben Siegel auf dem Etikett. Das "Benediktiner Hell" darf dieses nicht führen.

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