Bericht der Bundesregierung:Vom Elend der Leiharbeit

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Die Hoffnung, als Leiharbeiter fest in ein Unternehmen zu wechseln, ist trügerisch: Es gelingt nur selten. Sicher dagegen ist: Der Verdienst ist schlecht.

Thomas Öchsner

Leiharbeiter haben nur geringe Chancen, als Stammarbeitskraft vom ehemaligen Einsatzbetrieb eingestellt zu werden. Das geht aus dem elften Bericht der Bundesregierung zum Thema Arbeitnehmer-Überlassung hervor, den das Kabinett am Mittwoch beschlossen hat.

Die Chance vom Einsatzbetrieb als Stammarbeitskraft eingestellt zu werden ist bei Leiharbeitern nur gering. Dies ergab der Bericht der Bundesregierung. (Foto: Foto: dpa)

Danach haben im ersten Halbjahr 2003 insgesamt 22.000 ehemalige Zeitarbeiter von dem Unternehmen, das sie zuvor als Arbeitskraft eingesetzt hatte, einen Anstellungsvertrag erhalten. Im ersten Halbjahr 2008 waren es knapp 90.000. Diese absoluten Zahlen sagen jedoch wenig aus. Denn berücksichtigt man die stark gestiegene Gesamtzahl der Zeitarbeiter, zeigt sich, dass sich kaum etwas verändert hat.

Kein "Klebeeffekt"

Die Wahrscheinlichkeit, übernommen zu werden, hat sich danach nur geringfügig von fünf auf sieben Prozent erhöht. Von einem "Klebeeffekt" könne deshalb nicht gesprochen werden, heißt es in dem Regierungspapier.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zog trotzdem eine positive Bilanz. Der Bericht zeige, "dass Zeitarbeit Brücken in Arbeit baut für Menschen, die sonst schlechte Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt hätten.

Für diese Bewertung sprechen einige Ergebnisse des Berichts, der zum großen Teil auf Studien des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung beruht: So stellen Verleihfirmen überwiegend Arbeitskräfte ein, die vor Beginn ihrer Tätigkeit als Zeitarbeiter "nicht unmittelbar oder überhaupt noch nicht beschäftigt waren. Dabei kann es sich um Arbeitslose, Berufsrückkehrer, Berufseinsteiger oder Personen aus der Stillen Reserve handeln", heißt es in der Untersuchung. Deren Anteil ist allerdings rückläufig. Im zweiten Quartal 2004 waren noch knapp die Hälfte der neuen Zeitarbeitskräfte zuvor bis zu zwölf Monate ohne Beschäftigung. Im zweiten Halbjahr 2008 lag dieser Anteil bei 41,6 Prozent.

Auffällig ist, dass die Zeitarbeiter bei ihrer Verleihfirma offenbar nicht lange bleiben können oder wollen. So dauerte mehr als die Hälfte aller beendeten Zeitarbeitsverhältnisse weniger als drei Monate. Die Stundenlöhne lagen in den untersten Entgeltgruppen in den alten Bundesländern zwischen 7,00 und 7,38 Euro, und in den neuen Bundesländern zwischen 6,00 und 6,55 Euro. Besonders in Haustarifverträgen seien Löhne vereinbart worden, "die das Entgeltniveau der Branchen, in denen Zeitarbeitnehmer eingesetzt werden, teilweise deutlich unterschreiten", heißt es weiter.

Deutsches Jobwunder stark beschleunigt

Die Zeitarbeit hatte das deutsche Jobwunder stark beschleunigt. Mit mehr als 20 Prozent hatte sie einen hohen Anteil am Zuwachs sozialversicherungspflichtiger Jobs in den konjunkturell guten Jahren 2005 bis 2008. Mitte 2008 beschäftigte bereits fast jede vierte mittlere Firma und fast jeder zweite Großbetrieb Zeitarbeiter. Insgesamt hat sich ihre Zahl von 2004 bis 2008 fast verdoppelt. Nach Ausbruch der Wirtschaftskrise sank sie bis zum Frühjahr 2009 um knapp 300.000. Seitdem stellen die Verleihfirmen wieder mehr Arbeitskräfte ein.

© SZ vom 14.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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