Bahn: Lokomotivführer kündigen Warnstreiks an:Hallo, Chaos!

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Remmidemmi auf der Schiene: Die Gewerkschaft der Lokomotivführer beschließt Warnstreiks für Mitte Februar - auch die Berliner S-Bahn ist betroffen. Mal wieder.

Detlef Esslinger

In der Eisenbahnbranche wird es zu einem neuen Arbeitskampf kommen. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) beschloss am Donnerstag in Frankfurt Streiks - und zwar nicht nur bei der Deutschen Bahn (DB), sondern auch bei deren privaten Konkurrenten im Nahverkehr. Damit will die GDL einen Tarifvertrag für die Lokführer erzwingen, der nicht nur für den Marktführer Deutsche Bahn, sondern für die gesamte Branche gilt.

Zeitpunkt, Ort und Umfang der Arbeitsniederlegung stünden noch nicht genau fest, sagte GDL-Chef Claus Weselsky. Man werde jeweils "rechtzeitig" vorher darüber informieren. Einen Schwerpunkt der Aktionen teilte er jedoch bereits mit: "Die Berliner S-Bahn wird mit einbezogen", sagte er. Die Arbeitsniederlegungen sollen nach einem "Protesttag" am 16. Februar beginnen, womit die Möglichkeit besteht, dass es zumindest bei den privaten Konkurrenten der Bahn im Güterverkehr nicht zu Streiks kommt: Für den 9. Februar sind nämlich die nächsten Gespräche mit ihnen vereinbart. Diese getrennte Vorgehensweise begründete Weselsky damit, dass diese DB-Konkurrenten ihm am Mittwoch ein Lohnangebot unterbreitet hätten.

Der Beschluss der kleinen Gewerkschaft war bereits seit zwei Wochen erwartet worden. Damals einigte sich ihre größere Konkurrenz, die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), mit der Bahn und sechs privaten Konkurrenten im Nahverkehr auf einen Tarifvertrag, der für alle Bahn-Beschäftigten außer für die Lokführer gelten soll. Er sieht unter anderem Gehaltserhöhungen von fünf Prozent vor, die in mehreren Staffeln wirksam werden sollen und gilt bis Ende kommenden Jahres. Die Lokführer wollen diesen Tarifvertrag aber schon aus Prinzip nicht einfach übernehmen. Seit sie vor drei Jahren bei der DB nach einem monatelangen Arbeitskampf einen eigenständigen Tarifvertrag durchsetzten, legen sie Wert darauf, maßgeschneiderte Tarifvertrage auszuhandeln.

Unter anderem fordern sie, dass künftig auch die Konkurrenten der DB ihren Lokführern denselben Lohn zahlen wie die DB. Der Branchentarifvertrag der EVG erlaubt hier einen Abstand von etwas mehr als sechs Prozent. Darüber hinaus fehlen den Lokführern darin Regelungen für den Fall, dass ein Lokführer berufsunfähig wird. Die GDL will Umschulungen durchsetzen sowie sicherstellen, dass ein Lokführer in einem solchen Fall sein altes Gehalt weiter erhält. Die GDL hatte die Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn am Montag abgebrochen. Ihr Vorsitzender Claus Weselsky kritisierte das Angebot des Konzerns als "völlig unzureichend". Es bestand im Wesentlichen darin, auch den Lokführern bis Ende 2012 eine Einkommenserhöhung von fünf Prozent zuzugestehen. Bereits zuvor hatte die GDL die Verhandlungen mit den sechs großen Bahn-Konkurrenten für gescheitert erklärt.

GDL-Chef Weselsky rechtfertigte seine Forderungen damit, dass die Unternehmen derzeit "gute bis sehr gute Gewinne" erzielten und auch die weiteren Konjunkturaussichten gut seien. Er verstehe nicht, warum die Deutsche Bahn und ihre Konkurrenten im Nahverkehr "billigend die Beeinträchtigung ihrer Kunden in Kauf nehmen", sagte er. Eine Stellungnahme der Arbeitgeber gab es zunächst nicht.

© SZ vom 4.2.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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